Schuld und Sünde

Die lettische Nationaloper in Riga bringt erstmals Bruno Skultes Oper «Die Erbin von Vilkaci» auf die Bühne

Eigentlich ist die Geschichte zu grotesk, um glaubwürdig zu sein. Gerade beginnen sich die Alliierten im Zweiten Weltkrieg durchzusetzen, dämmert es allen Beteiligten, dass Hitlers Traum vom Tausendjährigen Reich nicht mehr war als eine aberwitzig-grausame Selbstüberhöhung, da entscheidet sich der lettische Komponist und Dirigent Bruno Skulte, zu dieser Zeit Künstlerischer Leiter der Oper in Liepaja wie des heimatlichen Rundfunks, zur Flucht. Doch nicht die Vereinigten Staaten oder irgendein anderes freies Land sind sein Ziel. Skulte flieht nach Nazi-Deutschland.

Er findet dort relativ schnell Arbeit bei Rundfunksendern in Rostock und Berlin (jener Stadt, in der er vor dem Krieg bei Leo Blech seine Fähigkeiten als Dirigent verfeinert hatte) und gründet 1945 im niedersächsischen Oldenburg eine lettische Opernkompagnie, als deren Leiter er künftig fungiert und die ein Jahr nach Kriegsende mit Mascagnis «Cavalleria rusticana» ihren Exil-Einstand gibt. 

In Oldenburg entsteht auch jenes Werk, das danach (unvollendet) knapp 60 Jahre in den Schubladen liegt und erst 2003 instrumentiert wird: die Oper «Vilkacu Mantiniece», zu deutsch: «Die Erbin von Vilkaci», auf ein Libretto von Tonijas ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt August 2011
Rubrik: Magazin, Seite 68
von Jürgen Otten

Weitere Beiträge
Monstertrachten, Feuerzungen

Das Stück beginnt lange vor dem Stück. Während die freilufterfahrenen und mit Kissen ausgerüsteten Schweriner ihre Plätze suchen, tummelt sich das «Freischütz»-Volk schon auf der Bühne. Es lacht und trinkt, die Mädchen machen schöne Augen, die Männer zielen auf eine Scheibe. Die Ouvertüre setzt ein, alle geben die Bühne frei für das Orchester, allerdings nur im...

Hello and Goodbye

Irgendwann geht auch die längste Intendanz mal zu Ende. «Goodbye Nic» hieß es in diesem Jahr in Göttingen – denn bei den Internationalen Händel-Festspielen steht eine Zeitenwende an. Nicholas McGegan, seit 1991 Künstlerischer Leiter des ältesten deutschen Händel-Festivals, verlässt seinen Posten in der niedersächsischen Universitätsstadt und wird die Geschicke des...

Schlag nach bei Shakespeare


Das Timing hätte nicht besser sein können: Zeitgleich zu seiner Ausrufung als Nachfolger des 2012 nach Innsbruck wechselnden Pfalztheater-Intendanten Johannes Reitmeier konnte Operndirektor Urs Häberli als Regisseur mit der «Feenkönigin» einen rauschenden Erfolg einfahren. Die Ovationen waren aber nicht nur ein Vorschuss auf die erhoffte Fortsetzung des...