Schützen und schätzen Sie die Kunst!
Viel habe ich während meiner dreizehn Jahre als Intendant der Bayerischen Staatsoper gelernt. Dazu gehört, dass es leider nur zu oft unumgänglich für ein Opernhaus ist, bockig und kompromisslos zu sein. Es gehört zu unseren Aufgaben, die Vorstellung darüber, was möglich oder akzeptabel ist, auszudehnen. Die Politik sollte Toleranz aufbringen für das, was wir tun und sagen.
Diese Toleranz ist lebensnotwendig für die Oper, weil wir es hier mit der irrationalsten aller Kunstformen zu tun haben, in der Musik, Aktion und Text einander auf der Bühne begegnen und miteinander fusionieren – «live», vor den Augen unseres Publikums, wodurch ihm wiederum die Ohren geöffnet werden für das großartigste kollektive Ritual, das der Mensch jemals kreiert hat.
Eine Lektion musste ich in München nicht lernen (denn sie ist jedem Engländer angeboren), nämlich dass Misstrauen gegenüber Autoritäten die oberste Bürgerpflicht sein sollte. Das ist eine Verpflichtung für alle, die auf dem Kunstsektor tätig sind. Nur zu oft befürworten Politiker die zweckmäßige Ansicht, dass Demokratie «Regierung durch Diskussion» bedeutet, aber nur dann effektiv ist, wenn man jede Diskussion abwürgen kann. Zweifelsohne werde ...
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Endlich einmal dürfen die Musikkritiker ihren Arbeitsauftrag als Geigerzähler beim Wort nehmen, denn in dieser Opernnovität geht es – vordergründig? – um Atomstrahlung und andere Verheerungen. Wenn John Adams in Sachen J. Robert Oppenheimer zum Komponiergriffel greift (oder zum Computer-Keyboard), dann schlagen diesmal Physikerherzen höher, denn hier kommt zum...
Schumann gilt, wie Brahms, als der undramatische Komponist schlechthin, als Meister der lyrischen Kleinform, dessen Begabung sich in der Klaviermusik und im Lied erschöpft. Schumann selbst empfand es, wie er 1842 an Carl Koßmaly schrieb, anders: «Wissen Sie mein Morgen- und abendliches Künstlergebet? Deutsche Oper heißt es. Da ist zu wirken.»
Schumann, dies macht...
Wer auf die dreizehn Jahre unter Leitung von Sir Peter Jonas zurückblickt, denkt zuerst an den Urknall, der am 21. März 1994 das Universum der Bayerischen Staatsoper erschütterte und heute als ein ästhetischer wie inhaltlicher Wendepunkt des Hauses erscheint. Die fast leere, bis zur Brandmauer aufgerissene Bühne beherrschte da in Georg Friedrich Händels «Giulio...