Schmerzergreifend

Aribert Reimanns Mendelssohn-, Schumann- und Brahms-Transkriptionen mit Christiane Oelze und dem Leipziger Streichquartett

Opernwelt - Logo

Es schwinden jedes Kummers Falten, solang des Liedes Zauber walten», dichtete Schiller 1795 fast stammbuchhaft. Etwa eineinhalb Jahrhunderte später freilich, nach 1945, galt das Lied vielen Tonschöpfern als antiquiert; sie ließen es allenfalls als Parodie weiterleben. Doch einige der avancierten Komponisten akzeptierten dieses Abdrängen in ein ästhetisches Getto nicht. Zu ihnen zählt Aribert Reimann. Nicht zuletzt als renommierter Liedbegleiter ist er dem Genre zutiefst verbunden; neben eigenen Kompositionen schuf er auch eine Reihe von Transkriptionen.



Für die in diesem Album versammelten Bearbeitungen der Lieder Mendelssohns, Brahms’ und Schumanns wählte Reimann als Begleiter nicht das Klavier, sondern – vielleicht auch beeinflusst durch Schönbergs Opus 10 (1907/08), in dem sich den vier Instrumentalisten ein Sopran zugesellt – ein Streichquartett (wobei das Leipziger Streichquartett sich hier als hervorragender Interpret erweist). Den Mendelssohn-Zyklus von 1996 stellte Reimann aus Heine-Vertonungen des genialen Frühromantikers zusammen; hier schabte er die vermeintlich verbindliche Oberfläche quasi ab und schrieb ein Palimpsest der ironischen Doppelbödigkeit. In acht Liedern – ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt März 2016
Rubrik: Hören, Sehen, Lesen, Seite 26
von Gerhard Persché

Weitere Beiträge
Trauerrituale

Ein leises Rauschen flutet den Saal, es ist kaum zu hören. Alles fließt. Woher kommen diese sanften, unsichtbaren Wellen? Aus dem planen, grünblauschwarz schimmernden Firmament? Von den elf kalt leuchtenden Röhren, die wie Brennstäbe das minimalistische Bühnenbild durchstechen? Oder von der erhöhten, leicht gekippten Glasscheibe und dem fragilen Stelzensteg, der...

Ironischer Realismus

In «Andrea Chénier», seiner erfolgreichsten Oper, widmete sich Umberto Giordano wahrlich einem würdigen Gegenstand: Ein Dichter und politischer Aktivist gerät zwischen die Mahlsteine des Robespierre’schen Terrors und wird schließlich guillotiniert. Nicht nur die musikalisch einprägsame Faktur des Werkes – insbesondere der Titelpartie – und Illicas starkes Libretto...

Kleine Weltgeistbahn

Viele Jahre sprang an Berlins Staatsoper René Jacobs mit Barockopern in die Bresche, wenn Daniel Barenboim mit der Staatskapelle auf Reisen ging – und triumphierte. Verflossene Zeiten. Diesmal, das Orchester weilte in Japan, zelebrierte man im Ausweichquartier Schiller Theater den «Mord an Mozart»: ein extravaganter Musiktheater-Versuch, eine Collage aus...