Sakraler Nightclub
Francis Poulencs 1957 uraufgeführte Oper «Dialogues des Carmélites» schien damals ihres religiösen Sujets wie ihrer weitgehend tonalen Musik wegen aus der zeitgenössischen Entwicklung herauszufallen. Inzwischen hat sich das Stück als eigenständiges Ausnahmewerk in der Nachfolge von Debussys «Pelléas» erwiesen: traumatisierende Musikalisierung eines scheinbar untheatralischen Stoffes auch hier.
Lorenzo Fioroni ging bei seiner Osnabrücker Inszenierung noch einen Schritt weiter und versetzte die Handlung vom Märtyrertod der Karmeliterinnen von Compiègne während der Französischen Revolution in einen zeitlosen Salon, der mit seinem Stich ins Frivol-Mondäne und den entsprechend modisch gekleideten Frauen erst gar keinen religiösen Realismus aufkommen ließ – halb exaltiertes Asyl, halb sakraler Nightclub, dessen strenges Ambiente dem Geschehen jede Peinlichkeit nahm.
Diese Entscheidung gegen die naturalistische Abbildung und für eine zeichenhafte Repräsentanz bewährte sich nicht nur bei den zentralen Szenen des Stücks – dem qualvollen und verzweifelten Tod der alten Priorin, der vom Revolutionskommissar verfügten Räumung des Klosters, dem Märtyrertod auf dem Richtplatz –, sondern gerade ...
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