Requiem für einen ewig jungen Dichter
Literaturoper oder nicht, das ist hier, vielleicht, die Frage. Natürlich zählt «Der Meister und Margarita» von York Höller diesem Genre zu, schließlich bildet der gleichnamige (surrealistische) Roman Michail Bulgakows die Vorlage für Höllers Bühnenwerk und lehnt sich der lineare Textverlauf daran an.
Zugleich handelt es sich dabei aber nicht um eine einfache «Vertonung» dieses Romans, sondern – als Fortschreibung der in den Orchesterwerken «Schwarze Halbinseln», «Traumspiel» und «Magische Klanggestalt» entwickelten Strukturmuster – um ein autarkes Musiktheater, das einer Dramaturgie der Dynamisierung folgt, die Grenzen des Genres nicht nur einmal überschreibt – und nach den Worten ihres Schöpfers keine «apokalyptische Tragödie» ist, sondern eine «Tragikomödie». Gut 30 Jahre nach seiner deutschen Erstaufführung durch Lothar Zagrosek (der auch schon die Uraufführung am Pariser Palais Garnier 1989 dirigiert hatte) und den Regisseur Friedrich Meyer-Oertel ist es nun, in der vom Komponisten revidierten Fassung von 2008, nach Köln zurückgekehrt: unter der äußerst sach- und stilkundigen musikalischen Leitung von André de Ridder, in der Inszenierung von Valentin Schwarz. Noch vor Beginn ...
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Opernwelt Mai 2022
Rubrik: Im Focus, Seite 8
von Jürgen Otten
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