Radikal reduziert
Wagners «Tristan und Isolde» in Nordhausen? In einem Haus, das keine 500 Zuschauer fasst (und zur Premiere nur 200 Menschen reinlassen durfte)? Mit einem Orchester, das gerade mal 50 Musiker zählt, dazu jede Menge Debütanten auf, vor und hinter der Bühne? Ist das nicht ein geradezu aberwitziger Plan? Ist es. Trotzdem funktioniert er, und zwar mehr als beachtlich, ja, durchaus begeisternd. Was gute Gründe hat, denn erstens eignet sich kein Wagner’sches Musikdrama mehr zum intimen Kammerspiel.
Und zweitens steht Michael Helmrath am Pult, bis vor kurzem Generalmusikdirektor des Theaters Nordhausen und des dazugehörigen Loh-Orchesters Sondershausen.
Dem früheren Solo-Oboisten der Münchner Philharmoniker ist nicht einen Takt lang anzumerken, dass er «Tristan» erstmals dirigiert. Seine Partiturkenntnisse sind vorzüglich, und seine Instrumentalisten sind es ebenfalls. Und mag die Streicherbesetzung mit 7/6/5/4/2 deutlich unter dem liegen, was als Mindeststandard gilt – Helmrath stellt die richtige Balance wieder her, indem er dynamische Retuschen vornimmt. Die Folge ist ein veritabler, in weiten Teilen kammermusikalischer Wagner-Klang.
Das kommt vor allem den Solisten zugute. Star des ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein

- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Opernwelt März 2022
Rubrik: Panorama, Seite 55
von Monika Beer
Natürlich wiederholt sich Geschichte nicht, jedenfalls nicht eins zu eins. Aber analoge Situationen lassen sich immerhin beobachten, zumindest nachträglich konstruieren. Vor gut 100 Jahren, mit Ende des Ersten Weltkriegs, führte mancherlei Not zu allerlei produktiven Provisorien. Auf die Opulenz von Hofmannsthals und Strauss’ «Frau ohne Schatten» folgte Strawinskys...
Jede Aufführung von Donizettis «Lucia di Lammermoor» steht (oder fällt) mit der Besetzung der Titelrolle. Mit ihrer vokalen Pyrotechnik und exaltierten Gefühlsdialektik, die psychische Extremzustände wie mit dem Zoom zeigt, gehört die Partie zu den größten Herausforderungen im Reich des Gesangs. In Osnabrück überwältigt die junge Sopranistin Sophia Theodorides mit...
Die Kombination ist dramaturgisch schlüssig: Zwei veristische Einakter, beide im Milieu katholischer Ordensfrauen angesiedelt, überdies ist jeweils ein verstorbenes Kind konstitutiv für die Handlung. Umberto Giordanos «Mese Mariano», 1910 am Teatro Massimo in Palermo aus der Taufe gehoben, führt in ein von Nonnen betriebenes Waisenhaus. Dorthin musste Carmela ihren...