Quadruple-Bill

Die New Yorker Gotham Chamber Opera rekonstruiert mit «Baden-Baden 1927» ein Experiment der musikalischen Moderne

Eine New Yorker Polizeischule mag ein ungewöhnlicher Ort sein, um die Frage «Was ist Kunst?» zu erörtern – eine Frage, die Paul Hindemith einst an seine drei Komponistenkollegen Darius Milhaud, Ernst Toch und Kurt Weill gerichtet hatte. Aber für die Gotham Chamber Opera erwies sich das intime Gerald W. Lynch Theater im John Jay College of Criminal Justice in Manhattan als bestens geeignet, um ihr aufs Neue nachzugehen. Die Kompanie betraute den Regisseur Paul Curran mit einem Reenactment der besonderen Art: Er sollte sich die vier Werke vornehmen, die am 17.

Juni 1927 auf dem Programm des Baden-Badener Festivals für zeitgenössische Musik gestanden hatten: Milhauds «L’Enlèvement d’Europe», Tochs «Prinzessin auf der Erbse», Hindemiths «Hin und zurück» und Weills «Mahagonny Songspiel». Curran wählte als Rahmen die Situation einer Vernissage, eine Galerie mit Gemälden von Georg Baselitz. Die Choristen agierten als entsprechend schick gekleidetes Ausstellungspublikum (Kostüme: Court Watson), während die Szene mithilfe der Drehbühne stetig um neue Exponate (darunter auch die berüchtigte Erbse) erweitert wurde und die Sängerdarsteller zwischen den einzelnen Stücken vom Regisseur ...

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Opernwelt Dezember 2013
Rubrik: Magazin, Seite 78
von David Shengold

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