Postapokalyptisch
Mit seiner Inszenierung von Wagners «Parsifal» – einer der tiefsinnigsten und bildmächtigsten Regiearbeiten während der Intendanz von Peter Gelb – feierte François Girard 2013 einen Triumph an der Met. Enttäuschend fiel dagegen sieben Jahre später seine Lesart des «Fliegenden Holländers» aus, mit einer ineffektiven Personenführung und überflüssigen Videoeffekten. Der neue, in einer «diffusen Zukunft» (Girard) angelegte «Lohengrin» befindet sich irgendwo in der Mitte. Musikalisch hingegen überzeugt Yannick Nézet-Séguins Deutung auf ganzer Linie.
Ein klarer szenischer Verweis auf die Vorgängerstücke ist das Kostüm des Titelhelden. Lohengrin trägt – wie seinerzeit Parsifal und die Gralsritter – schwarze Hosen und ein weißes Button-Down-Hemd. Die Bühne von Tim Yip ist von unerbittlicher Hässlichkeit: kein Fluss, keine Kirche ist da zu sehen, nicht einmal ein Hochzeitsbett, nur die Projektion von Schwanenflügeln. Anscheinend sind wir in eine postapokalyptische Zeit hineingeraten, in der die (merkwürdig genug, mittelalterlich gewandeten) Menschen in irgendwelchen Kratern in der Nähe eines Industriegebäudes leben – über sich zahllose, hin- und hersausende (Video-)Sterne und andere ...
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Opernwelt April 2023
Rubrik: Panorama, Seite 45
von David Shengold
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Die sanften Akkorde verbreiten Geborgenheit. Die helle, knabenhafte Stimme von Roman Melish berührt in ihrer Zerbrechlichkeit. «Du holde Kunst, in wieviel grauen Stunden», singt der ukrainische Countertenor. «Hast du mein Herz zu warmer Lieb’ entzunden, hast mich in eine bessre Welt entrückt!» Für diesen besonderen Liederabend Ende November 2022 mit dem von Franz...
Genieflammen zucken da und dort […] Wenn Mozart nicht eine im Gewächshaus getriebene Pflanze ist, so muss er einer der größten Komponisten werden, die jemals gelebt haben.» Dies prophezeite der streitbare, selbst komponierende Journalist und Dichter Christian Friedrich Daniel Schubart 1775 in seiner «Deutschen Chronik» nach der Münchner Uraufführung von Mozarts «La...