Poesie der Beiläufigkeit
Es gebe, schreibt Maurice Maeterlinck einmal, «eine alltägliche Tragik, die viel wahrer und tiefer ist und unserem wahren Wesen weit mehr entspricht, als die Tragik der großen Abenteuer. Sie ist leicht zu empfinden, aber schwer darzustellen». Gabriel Fauré fand für diese Tragik des Alltags, für die Erschütterungen im äußeren Gleichmaß des Lebens, den unhörbaren Schrei im Grau des Einerlei Mittel der Darstellung.
Nicht umsonst war sein Verhältnis zu Maeterlinck, der Faurés Bühnenmusik zu «Pelléas et Mélisande» für viel gelungener hielt als Claude Debussys Oper, beinahe freundschaftlich. Überhaupt war Fauré ein Musiker der Dichter. Iwan Turgenjew stand ihm als väterlicher Freund zur Seite, als Faurés Verlobung mit einer Tochter von Pauline Viardot sich zerschlug. Fauré selbst leistete Paul Verlaine Gesellschaft, als dessen Gesundheit schon völlig zerrüttet war. Robert de Montesquiou gefiel sich als literarischer Berater Faurés, und der junge Marcel Proust war ganz in seinem Bann.
«Fauré et ses poètes» – Fauré und seine Dichter – ist also ein sinnfälliger Titel für die CD des französischen Baritons Marc Mauillon und seiner Klavierpartnerin Anne Le Bozec. Sie ordnet 31 Lieder der ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein

- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Opernwelt Juli 2020
Rubrik: CD des Monats, Seite 33
von Jan Brachmann
Herr Manacorda, Sie haben im Frühjahr, kurz vor Ausbruch der Corona-Krise, am Brüsseler Théâtre La Monnaie noch Mozarts drei Da-Ponte-Opern als zusammenhängenden Zyklus dirigiert, den Jean-Philippe Clarac und Olivier Delœuil als verzahnte Fortsetzungsgeschichte erzählen. Wie lange haben Sie sich auf dieses Experiment vorbereitet?
Insgesamt mehr als zwei Jahre! Ein...
Es ist ein Glücksfall für Adrienne Goehler, die Herausgeberin dieses Buches, dass das bedingungslose Grundeinkommen (kurz: BGE) in der derzeitigen ökonomischen Situation wieder mehr diskutiert wird. Dabei hat Goehler auch sonst nie Scheu gezeigt, über Dinge zu sprechen, die gerade nicht auf der Tagesordnung stehen, und häufig wählt sie dabei einen Ansatz, den...
Natürlich hat Goethes Theaterdirektor recht: «Die Masse könnt ihr nur durch Masse zwingen. Ein jeder sucht sich endlich selbst was aus. Wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen, und jeder geht zufrieden aus dem Haus.» In diesen unerfreulichen Zeiten hätte man freilich auch Lust, der Hochsprache des Dichterfürsten den phonetischen Kiezjargon Bora Dagtekins...