Plattenbauoperette
Das alte Klagelied der Leichten Muse: Warum gibt es keine neuen, aktuellen Operetten mehr? Immer nur Wien, Wien, nur du allein, und natürlich Offenbach. Der schaute seiner Zeit und deren Gesellschaft bissig-witzig-aggressiv mit intelligenter Musik und pointierten Texten ins Gesicht und kalte Herz. Noch heute amüsiert uns das, die Machart vor allem, denn die gesellschaftlichen und politischen Vorbilder, die Offenbach ins Visier nahm, kennen wir nicht mehr, und deshalb haben wir und das Theater oft so große Schwierigkeiten mit Offenbachs Operetten.
Und was ist mit unserer Gegenwart? Die Realität überholt mit ihrer Medienmacht ihre künstlerisch-artistische Verwurstung mühelos rechts und links. Wer den Bundeskanzler im Fernsehen erlebt, braucht nicht länger Geld für eine satirische Theater-Kabarett-Revue auszugeben. Gegen die Wirklichkeit kommt kein Witzemacher mehr an, es sei denn, er fabriziert die Verwitzelungen als Selbstschutz gegen drohenden persönlichen Wahnsinn. Ein wenig anders sieht es, oder man muss ja jetzt sagen: sah es zu Zeiten des Kalten Krieges aus. Wer in autoritären Ostblockstaaten politische Witze riss, riskierte zumindest Ärger für seine Person. Deshalb muss man ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Was noch nie sich traf, danach trachtet ihr Sinn: Anna Viebrock, bekannt als Ausstatterin Christoph Marthalers und Jossi Wielers, führt inzwischen selbst Regie und bringt Ungewöhnliches auf die Bühne. Wie Frank Castorf des herkömmlichen Repertoires überdrüssig, vertheaterte sie erst Robert Walsers Roman «Geschwister Tanner», um nun mit einem Musiktheaterprojekt,...
Der ultimative «Eugen Onegin» ist dieser Mitschnitt aus der Wiener Staatsoper nicht, er hält lediglich ein regionales Ereignis fest: die mit berühmten Stimmen besetzte erste Wiener Aufführung der Oper in der russischen Originalsprache.
Das Unternehmen krankt schon vom Pult aus. Seiji Ozawa sucht das, was er für «russische Seele» hält, durch lähmend langsame Tempi...
Frau Schäfer, szenische Annäherungen an Schuberts «Winterreise» haben derzeit Hochkonjunktur. Sie haben die vierundzwanzig «schaurigen Lieder» in einem Duisburger Industriebau gesungen. Worin besteht für Sie der dramatische Impetus dieses Zyklus?
Ich finde, dass die «Winterreise» gar nicht so schaurig und tragisch ist, wie immer behauptet wird. Natürlich ist der...