Paradoxer Fall
Schon der Beginn der Oper klingt verheißungsvoll: Das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks präsentiert sich unter der Leitung von Bertrand de Billy vom ersten Takt an als jener exquisite Klangkörper von geschmeidiger, in allen Belangen differenzierender Tongebung und rhythmischer Elastizität, als der er diese Aufnahme bis zum Schluss maßgeblich prägt.
Der gute Eindruck wird von der ersten Szene bestätigt: Boaz Daniel, den Wiener Opernliebhabern seit Langem als große Hoffnung seines Fachs bekannt, führt sich als Marcello mit virilem Timbre, sprechender Artikulation und hörbarer Lust an der Differenzierung zwischen Parlando und Kantilene ein. Rolando Villazón tut es ihm gleich, obwohl schon in seiner ersten Phrase («Nei cieli bigi») deutlich zu hören ist, dass er zur Zeit der Aufnahme (April 2007) stimmlich nicht in guter Verfassung war. In dieser wie auch in der folgenden Szene, wenn sich die beiden anderen Freunde hinzugesellen, fällt diese Einschränkung freilich kaum ins Gewicht, auch deshalb, weil ihm und Daniel mit dem stimmlich voluminösen Vitalij Kowaljow als Colline und dem eher elegant agierenden Stéphane Degout als Schaunard zwei Sänger von Eigenart und idealem ...
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Vielreisende in Sachen Oper kennen das: Manches von dem, was ihnen auf der Bühne begegnet (zumindest in den zum Kanon gezählten Werken des Musiktheaters), erscheint in Momenten oder gar ganzen Szenen wie etwas, das schon mal da war – so oder ähnlich. Ein leises Raunen und Flüstern ist dann zu bemerken, eine unterschwellig entrüstete Unruhe – wir wollen es der...
Luigi Cherubinis «Médée» gerät seit ihrer Pariser Uraufführung 1797 regelmäßig in Vergessenheit, um periodisch immer wieder neu entdeckt zu werden. Ihre jüngste Renaissance mit Inszenierungen in Wien (siehe OW 5/2008) und Brüssel (siehe OW 6/2008) verdankt sie Heiko Cullmanns 2007 erschienener, preisgekrönter Neuedition im Simrock-Verlag. Der Klagenfurter...
Im Rückblick könnte man die neue Leipziger «Manon Lescaut» als symphonisches Vorspiel zum vorläufigen Finale der Querelen um die Zukunft der Oper am Augustusplatz lesen. Schon vor der Premiere Anfang Mai hatte es vernehmlich geknirscht im Gebälk des äußerlich fein herausgeputzten Hauses: Riccardo Chailly, seit drei Jahren Generalmusikdirektor und...