Ohne Rührseligkeit

Wien, Kienzl: Der Evangelimann

So gefühlvoll wurde die Kernbotschaft der Bergpredigt nie wieder in Musik gesetzt: «Selig sind, die Verfolgung leiden» brachte es in der Vertonung Wilhelm Kienzls sogar zu Wunschkonzertreife. Doch hüte man sich vor Häme. Denn Kienzls Opernerstling «Der Evangelimann» (1895) kann, wenn er sensibel und unsentimental musiziert und inszeniert wird wie in dieser neuen Produktion der Wiener Volksoper durch den Dirigenten Alfred Eschwé bzw. den Regisseur Josef Ernst Köpplinger, durchaus den Spielplan bereichern.

Auch als Beispiel dafür, wie die deutsche Oper in Sachen Verismo den Italienern Paroli zu bieten suchte.
Denn wie etwa bei Leoncavallos «Bajazzo» ist es hier ebenfalls eine Geschichte, die angeblich das Leben schrieb. Kienzl, zugleich sein eigener Librettist, fand sie in den Wiener Sittenbildern «Aus den Papieren eines Polizeikommissärs» von Leopold Florian Meissner: Zwei Brüder aus dem niederösterreichischen St. Othmar lieben das gleiche Mädchen; Johannes intrigiert gegen den erfolgreichen Mathias und schiebt ihm auch noch die Schuld am Brand eines Hauses zu, dessen Feuer er selbst gelegt hat. Mathias muss für zwanzig Jahre ins Gefängnis und fristet danach sein Leben als Bettler, ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt Juni 2006
Rubrik: Panorama, Seite 50
von Gerhard Persché

Vergriffen
Weitere Beiträge
Auf der Höhe der Zeit

Erstaunlich, dass dieser «Don Quijote» nach seiner erfolgreichen Premiere in Spanien fünf Jahre gebraucht hat, um erstmals auf einer deutschen Opernbühne aufzutauchen. Das Werk hat nämlich alles, um zu einem – allerdings anspruchsvollen – Repertoirestück zu werden. Der Zugriff Halffters und seines Librettisten Andrés Amorós auf den alten Stoff ist bestimmt von...

«Herzschlag des deutschen Volkes»

Dieses Buch kann ich nicht genug rühmen; es enthält die holdseligsten Blüthen des deutschen Geis­tes und wer das deutsche Volk von seiner liebenswürdigen Seite kennen lernen will, der lese diese Volkslieder. […] Auf dem Titelblatte jenes Buches ist ein Knabe, der das Horn bläst; und wenn ein Deutscher in der Fremde dieses Bild lange betrachtet, glaubt er die...

Hypnotisch

Pädagogisch tätig zu sein, ist mir ein unbedingtes Bedürfnis, ein leidenschaftliches Anliegen», sagt Thomas Hampson im Gespräch über den Meisterkurs für Liedgesang, den er beim Heidelberger Frühling abgehalten hat. Tatsächlich wies die Arbeit mit vierzehn Nachwuchssängern den amerikanischen Bariton als berufenen Lehrer aus und bestätigte nachdrücklich das eingangs...