Nie war so viel Lärm wie heute
In vielen Dingen war Christian Morgenstern ein Prophet. Vor hundert Jahren dichtete er: «Die Luft war einst dem Sterben nah: ‹Hilf mir, mein himmlischer Papa!› Der Herr, sich scheuend vor Blamage, erfand für sie die Tonmassage, wobei die Luft famos gedeiht...» Die Tonmassage hat sich aber erst lange nach Morgensterns Tod auf das Prächtigste entfaltet und wird seit einigen Jahren nicht nur in der Luft, sondern auch im Wasser angewendet. «Wenn ich vergnügt bin, muss ich singen», trällerten die Comedian Harmonists.
Wer heute jung und vergnügt ist, singt nicht, sondern dreht den Stereo-Verstärker auf. Tatsächlich spielt das Machtgefühl dabei mit. Mit tausend Watt Nennleistung, so viel wie ein bescheidener Staubsauger hat, kann man ein ganzes Wohnviertel zum Wahnsinn treiben und Funkstreifen in Trab setzen. Peinlicherweise verhindert die Biologie ein Anhalten der Wirkung. Man gewöhnt sich (scheinbar) an größeren Schalldruck. Jeder Diskothekenbetreiber weiß das, wenn er im Lauf des Abends die Lautstärken in die Höhe treibt, um eine subjektiv gleichbleibende Bedröhnung zu gewährleisten. Die Schmerzgrenze für den Menschen liegt bei 120 dB, in einer beliebten Kopenhagener Disko wurden ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Grabbes Farce von Scherz, Satire und Ironie ist, wie der Hinweis auf die «tiefere Bedeutung» andeutet, eine ernste Angelegenheit. Es ging in diesem Vormärz-Produkt des schwerblütigen ostwestfälischen Sturmgenies und Kampftrinkers um Kritik am deutschen Idealismus und dessen Menschenbild, um die Ironisierung Goethes und des Bildungssystems von anno 1830.
Das eiserne...
Es wäre ja so leicht, den Allegro-Molto-Teil der «Don Giovanni»-Ouvertüre vorzubereiten, meinte Peter Gülke auf dem jüngsten Symposion im Berliner Institut für Musikforschung. Ein dezenter Auftakt am Ende des einleitenden Andante, schlagtechnisch kein Problem. Genau das machte Furtwängler aber nicht. Er riskierte mit dem Allegro einen Neuanfang, beließ damit dem...
Die Einführung, die kürzlich im Arthaus Verlag zu Bizets «Carmen» erschienen ist, füllt eine Lücke: Sie kombiniert einen profunden Text zu Genese, Kontext und musikalischer Struktur des Stücks (Autor: Oliver Müller) mit einer Kompletteinspielung auf DVD – die Wahl fiel auf einen Mitschnitt der Londoner Covent-Garden-Produktion von 1991 mit Maria Ewing in der...