Neunmalklug
Angeblich liegt Jules Massenets Oper «Hérodiade» Gustave Flauberts gleichnamige Erzählung zugrunde. Flaubert freilich hält sich in diesem Spätwerk genau an den biblischen Befund, wie ihn auch Strauss’ «Salome» in etwa wiedergibt.
Diese kurze Geschichte (bei Strauss reicht sie ja auch nur für einen Einakter) schien für eine Grand Opéra ein bisschen dürftig, und so plusterten die Librettisten Milliet und Grémont sie mit allerlei Intrigen auf: Salome und Herodias sind Rivalinnen, wissen aber voneinander zunächst nicht, dass sie Mutter und Tochter sind; die darob leicht neurotische Salome hängt mit schwärmerischer Liebe an dem Wanderprediger Johannes, wird ihrerseits aber von Herodes begehrt. Sie fordert auch nicht Johannes’ Kopf, fleht vielmehr um sein Leben. Als das fehlgeht, stürzt sie sich in mörderischer Absicht auf Herodias; als sie erfährt, dass diese ihre Mutter ist, tötet sie sich selbst.
Die ursprüngliche Geschichte verschwindet hinter solcherlei holzschnittartiger Opern-Kolportage. Zudem wird das Ganze mit breit ausgeführten Massenszenen im «orientalischen Stil» prächtig aufgezäumt. Man hat «Hérodiade» deswegen mit Verdis «Aida» verglichen: Während aber dort die ...
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Opernwelt April 2011
Rubrik: Panorama, Seite 38
von Ingo Dorfmüller
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