Mythos modern
Die Renaissance von Luigi Cherubinis «Médée» nach dem Zweiten Weltkrieg ist unauflöslich mit dem Namen von Maria Callas verbunden. Sie besaß die für die monströse Partie notwendige vokale Strahlkraft, verband den antikischen Gestus mit einem hochexpressiven Ausdruck, wodurch die ferne Figur eine subtile psychologische Durchdringung erfuhr, die sie unserem Empfinden näher rückte. Nach der Callas haben erstaunlich viele Sängerinnen sich der Partie gestellt, am überzeugendsten vielleicht Gwyneth Jones, Anja Silja und Leonie Rysanek, ohne dass sie das Callas-Format je ganz erreichten.
Was der Callas gleichsam nebenbei gelang: die durch nachträgliche Bearbeitungen entstandene klassizistische Fassade des von Cherubini ursprünglich als Opéra Comique angelegten Werkes durch ihren dramatischen Furor förmlich hinwegzufegen.
Das ist heute nicht mehr unbedingt notwendig. Im Vorjahr gab der Dramaturg Heiko Cullmann im Simrock-Musikverlag die Bearbeitung der französischen Erstfassung heraus, die schon in Wien erprobt wurde und alle Elemente der «großen Oper» tilgt. Zum Vorschein kam jetzt in der Brüsseler «Médée»-Aufführung ein aufregendes, psychologisch dicht gezeichnetes modernes ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Diese Kombination ist neu: Luigi Dallapiccolas «Il prigioniero» und Schönbergs «Ode to Napoleon» an einem Abend. Im Pariser Palais Garnier stand das bittere Nachkriegs-Opus auf Lord Byrons in Verse gegossene Abrechnung mit Napoleon am Anfang – ein schonungsloser Blick auf die Folgen der Diktatur. Ein Sprecher rezitiert den wilden Text zu den Klängen eines...
«Nijinskys Tagebuch für zwei Sänger, zwei Schauspieler, zwei Tänzer und Instrumente» nennt Detlev Glanert seine Auftragskomposition für das Theater Aachen: ein kaum kaschierter Hinweis darauf, dass ihn das Schicksal des historischen Nijinsky weniger interessiert. Auch nicht seine herausragende Stellung innerhalb der Ballets Russes des Serge Diaghilew. Es ist...
Niobe will alles – Macht, Liebe, Unsterblichkeit – und fordert den Himmel heraus. Aber die Götter rächen ihre Hybris, und sie verliert alles: ihre Kinder, den Gatten Anfione, zuletzt das eigene Leben. Versteinerung ist der Preis, den sie für ihren Hochmut bezahlen muss. Maßlos wie die Gestalt der antiken Mythenfigur war auch der Schwetzinger Theaterabend, der...