Miss Marple trifft Dickwanst
Es ist alles Floskel auf Erden! «Falstaff» als Spiegel des frühen 21. Jahrhunderts? Wenn der Dickwanst die «Ehre» besingt, entlarvt das Orchester sein Gerede als Geschwätz. Der hehre Begriff wird durch banales Bläsergefasel und harmonisch zweifelhafte Flötenfigurationen verflüchtigt, die Violinen laufen ins Leere. Nichts ist es mit der Ehre. Alles ist Schein auf Erden.
Ist es auch Schein, wie Dietrich Hilsdorf in Essen Verdis Spätwerk inszeniert? Fast scheint es so. Zumindest hat es den Anschein, als sei der einstige Aufmischer maßvoller geworden.
Gemessen an seinen früheren Verdis ist dieser «Falstaff» milde wie Holländer Käse. Und doch besitzt er Würze. Denn Hilsdorf konzentriert sich aufs Erzählen, nicht auf die Provokation. Er schildert plastisch und realitätsnah. Wenn Falstaff, den der Regisseur Ionesco-nah mit einem Nashorn vergleicht, den dritten Akt eröffnet, knuddelt er sich zunächst einmal in dicke Decken – verständlich, wurde er doch zuvor, am Ende des zweiten Aktes, aus dem Fenster und ins kalte Wasser geschmissen.
Die von Johannes Leiacker entworfene Bühne ist mehr als eine nur hilfreiche Plattform. Im linken Drittel blicken wir in einen Schmuddel-Pub, liebevoll ...
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