Marionettentheater
Schauplatz Hamburg. Siegmund, mit Dreitagebart und im Parka, steht nach dem Gewoge des Gewitters wie eine Wachs- oder Robert-Wilson-Figur vor der kahlen Küchenzeile, in der Hunding haust. Ein Fremder schreitet vorbei, schnippt mit den Fingern und löst die Figuren aus der Erstarrung. Der Sinn erschließt sich erst mit Beginn des zweiten Aktes. Der Fremde ist Wotan, sitzt nun vor einem Tisch mit dem Modell der Küche und spielt mit den Figuren eine Art von Schach.
Es scheint, als sei die These der Gehirnforschung, dass der freie Wille des Menschen eine schöne Fiktion ist, fürs Regie-Theater brauchbar. In der Inszenierung von Claus Guth sind die Willenlosen Marionetten eines Spielers, der sich in den Fäden, an denen er zieht, selbst hoffnungslos verstrickt.
Was die Emotionen betrifft, ist Hundings Hütte in Hamburg eine Gefrierkammer. Während in der Lübecker Inszenierung von Anthony Pilavachi schon der erste Blick bei Siegmund und Sieglinde den coup de foudre auslöst und der erste Akt erotisch aufgeladen ist wie das Wälsungenblut in der Novelle von Thomas Mann, sieht Sieglinde in Hamburg den fremden Mann bei der ersten Begegnung nicht an. Statt des «seimigen Metes süßen Trank» ...
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Günther Rühle, seit den sechziger Jahren maßgeblicher deutschsprachiger Theaterkritiker, 1985 bis 1990 sogar selbst Intendant am Frankfurter Schauspiel, hat im März 1984 in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung einen Essay veröffentlicht: «Intendant gesucht» (wiederveröffentlicht in dem suhrkamp taschenbuch «Was soll das Theater?»). Zugegeben: Der Text, aus dem wir...
Der Jubel kannte keine Grenzen. Als im April 1972 an der Bayerischen Staatsoper ein neuer «Rosenkavalier» in der Regie von Otto Schenk herauskam, schrieb Imre Fabian in dieser Zeitschrift: «Die Sensation dieser Premiere hieß Carlos Kleiber» (siehe OW 6/1972). Die Produktion war opulent besetzt: Gwyneth Jones sang die Marschallin, Karl Ridderbusch den Ochs, Lucia...
«Die Frau ohne Schatten» ist gespickt mit Anspielungen und Motiven, mit Zitaten und Entlehnungen; sie lässt sich nicht wirklich inszenieren, ohne dass es an einigen Stellen gründlich hakt. Wer als Regisseur jeden Bezug, jedes Symbol mit einer Erklärung versehen möchte, ist schnell verloren.
Auf diesem Hintergrund verdient Guy Joostens Produktion für die Düsseldorfer...