Mal ehrlich
Ich weiß nicht, wie viele «Opernwelt»-Leser auf Twitter aktiv sind, aber uns Sänger drängen die Agenten, karrierefördernd in den sozialen Netzwerken aktiv zu werden: Pseudo-Nahbarkeit im Sinne der Eigenwerbung. Ich selbst zwitschere auch. Meine Wortmeldungen sind entweder bewusster Unsinn oder Schüsse ins Lager der Trump-/Brexit-Fans, so oder so bleiben sie weitgehend wirkungslos. Aber kürzlich erzählte mir ein (talentierter und auch so schon erfolgreicher) Bariton allen Ernstes, dass er seinem Agenten jeden Monat 400 Euro allein für die Social Media-Beratung hinblättert.
Dabei ging’s doch mal ohne – man stelle sich die ganz Großen vergangener Generationen im Hier und Heute vor!
Am Mittwoch, 29. März schrieb praktikant_marketing@musicamanagement.com:
Hi, Herr Fischer Dieskau! Ich bin’s nochmal. Also, ich und die Jungs im Büro haben uns grad durch Ihre letzten Tweets gescrollt. Dietrich, – ich sag einfach Dietrich, ok? – da geht noch was! Letztens haben Sie zum Beispiel gepostet: «Heute singe ich die ‹Winterreise› im Konzerthaus, Gerald Moore begleitet am Klavier.» Sie müssen zugeben, dass das ein bisschen öde klingt. So redet doch kein Mensch. Vielleicht peppen Sie das beim nächsten Mal ein bisschen auf – einfach mehr Begeisterung, ein paar Emotionen und so! Außerdem bin ich mir nicht sicher, ob jeder da draußen automatisch weiß, vom wem die «Winterreise» ist. Wir wollen doch auch Ihre jungen Fans ansprechen! Und: Wer ist Gerald Moore?! Ist das auch einer unserer Künstler? Wohl kaum. ;-P ;-P Muss ich noch mehr sagen? Herzlich, Julia (Praktikum, Digitales Marketing)
Am Freitag, 7. April schrieb praktikant_marketing@musicamanagement.com:
Lieber D! Ich hoffe, Schumanns «Winterreise» lief gut neulich! (sehen Sie, das kleine bisschen extra-Info ist soooo nützlich!). Hab mir gestern übrigens Ihre Aufnahme von dem Stück runtergeladen, echt super. Aber, mal ehrlich, mMn klingen Sie da echt deprimiert ... :’-( Egal, jetzt steht die «Schöpfung» an, das dürfte doch die Stimmung heben. Wie wär’s also, wenn Sie nächstes WE mal was tweeten in Richtung: «Heute endlich Händels ‹Schöpfung› mit den Bad Boys von den Wiener Phillies und meinem alten Kumpel Herbert von K! Kann’s kaum erwarten! #lovemyjob». Was denken Sie? Ich wette, so kriegen wir noch ein paar Tickets los, vielleicht sogar bei den jungen Hörern. LG, J
Am Dienstag, 18. April schrieb praktikant_marketing@musicamanagement.com:
lieber dieti (die jungs hier haben abgestimmt, so nennen wir dich ab jetzt – LOL!), hatte gar nicht mitgekriegt, dass die schöpfung schon ausverkauft war. auf twitter kam gar nicht viel drüber! gratuliere!!! aber: sicher, dass das von Haydn ist? :-/ wir hatten das mal in der schule, könnt schwören, dass Händel das geschrieben hat. jedenfalls ein hammer-stück! da kannst du dich ja fast schon wie ein echter star fühlen! Yeah! :-D – Und nächstes mal ein selfie nach dem gig, ev. backstage beim rumalbern mit Herby oder mit drink bei der after-show-party. Zeig uns doch mal den wahren, lustigen Dieti ;-]! super wär auch, wenn du mal dein frühstück fotografierst oder so ... flughäfen kommen auch immer gut, sowas bringt ordentlich likes. jedenfalls, bleib dran. denke mal, wenn du dir etwas mühe gibst kriegst du bald ein paar tausend follower zusammen, dann kommt deine karriere auch in schwung. freu mich voll, dass ich helfen konnte. cu und glg, J xxxx
ps OMG Herby von K sieht soooooo gut aus! aaaaargh! <3 <3 <3 sein haar ist der wahnsinn! =:^)
(Aus dem Englischen von Wiebke Roloff)
Opernwelt Mai 2017
Rubrik: Aus dem Leben eines Taugenichts, Seite 79
von Christopher Gillett
Albanien
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– Die Zauberflöte: 17., 19., 21.
Ägypten
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– Aida: 18., 19., 21., 22.
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Buenos Aires
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– Das Liebesverbot: 2.
– La grotta di trionfo: 6., 7.,...
In seinem berühmt-berüchtigten «Spiegel»-Interview 1967 (in dem er übrigens keineswegs gefordert hatte, die Opernhäuser «in die Luft zu sprengen») spottete Pierre Boulez, statt «Macht des Schicksals» zu dirigieren, würde er lieber spazierengehen, und «Rigoletto» in Zeffirelli-Manier sei schlicht «idiotisch». Aus der polaren Sicht der rigiden Nachkriegsavantgarde wie des elitären...
Neun Meter, das ist viel. Zu viel. Man bräuchte den Hals einer Giraffe, um ganz bis nach oben zu gelangen, und selbst dann wäre es noch schwierig, den Gipfel dieser Vitrine zu erklimmen, über 90 Bibelbilder hinweg. So also bleibt in der gotischen Kreuzkirche der beeindruckte Blick hinauf zur Spitze des berühmten Zittauer Fastentuches, vollendet anno Domini 1472 (und vor anderthalb Jahren...