Mädels, Tore, Sensationen

Von Tallinn über Dortmund nach Gelsenkirchen herrscht Operetteninflation – mit Kálmán und Abraham

Mit Zuckerlächeln piepst sie Emmerich Kálmáns Melodien. Stampft, lacht, steppt. Fliegt durch die Luft, entsorgt ihren Tanzpartner in ein Fass und tanzt den Csárdás umstandslos mit einer Frau weiter: Marika Rökk war Sylva Varescu im Film «Die Csárdásfürstin», den ihr Mann Georg Jacoby zu Beginn der 1950er-Jahre drehte. Das Teufelsweib, das aus dem Musikfilm der Nazis direkt in die Operettenrevue der Nachkriegszeit hüpfte, wobei sie «Traumpartner» Johannes Heesters gleich mitnahm (auch wenn der mit 47 Jahren für den Hallodri Edwin schon etwas ältlich wirkte).

Nach dem Krieg diente die Operette, voll Nachkriegsbiederkeit, dem kollektiven Vergessen und der Stimmungsaufrüstung im zerknickten, geteilten Deutschland. Nur in den Tanzszenen des Films kocht dieses überhitzte, vulkanische Temperament hoch, das man auf den Bühnen von heute vergeblich sucht. Da wird plötzlich spürbar, in welch unsicheren Zeiten einst ein Kálmán oder Paul Abraham ihre Werke komponierten.

Dass deutsche Operetteninszenierungen lange den systemtragenden und nicht den brüchigen Charakter der vorgelebten Gesellschaftsformen betonten, bringt Regisseure heute in Verlegenheit. Denn das Publikum empfindet die Operette ...

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Opernwelt Februar 2015
Rubrik: Im Focus, Seite 14
von Michael Struck-Schloen

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