Lockruf aus Las Vegas

London, English National Opera, Wagner: Götterdämmerung

Was deutsch und echt, scheint manchem Engländer noch immer verdächtig. Vor allem die «Tabloids», die Boulevardzeitungen, lassen kaum eine Gelegenheit aus, den Teutonen verbal eins aufs Haupt zu geben, sei’s beim Fußball, sei’s gar beim bayerischen Papst. Die respektlos-flapsige Headline der «Sun», «From Hitler youth to Papa Ratzi», hat in Deutschland böses Blut gemacht.
Nicht neu, aber unter diesen Umständen auch nicht überraschend wäre es gewesen, wenn Phyllida Lloyd bei ­ihrer modernen «Ring»-Exegese an der ENO auf diese «Erbfeindschaft» abgehoben hätte.

Speziell in «Götterdämmerung» (bzw. «Twilight of the Gods», in Jeremy Sams’ respektlos-direkter Übersetzung): Leni Riefenstahls «Triumph des Willens» hätte sich als Zitat etwa für die Versammlung von Hagens Mannen vorzüglich geeignet. Doch erfreulicherweise keine Spur davon; eher scheinen die Krieger einem amerikanischen ­Science Fiction-Film entsprungen. Wie ihr Boss sie als eine Art Darth Vader zu den Klängen der im Zuschauerraum verteilten Stierhörner zu den Waffen ruft, ist beklemmend. Urplötzlich freilich präsentieren die schwar­zen Schemen sich zum Empfang von Gunther und Brünnhilde in bunten T-Shirts. Ein Coup.
Ein anderer ...

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Opernwelt Juni 2005
Rubrik: panorama, Seite 43
von Gerhard Persché

Vergriffen
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