Liebestraum
Sie waren, weit vor den genialischen Gespannen Mozart/Da Ponte, Verdi/Boito und Strauss/Hofmannsthal, vermutlich das erste Traumpaar der Musikgeschichte: Jean-Baptiste Lully, hochherrschaftlicher Hofkapellmeister des Sonnenkönigs, und Philippe Quinault, sein Librettist. Beide können mit Fug und Recht als Schöpfer der Tragédie lyrique gelten, jener aufreizend affirmativen Form der höfischen Huldigungsoper, in der sich Louis XIV als milder und weiser Souverän ein ums andere Mal wiedererkennen und bestätigt sehen durfte.
Doch dann kam der Tag, an dem das gemeinsame Glück endete: Nach der Aufführung von Lullys «Isis» auf einen Text von Quinault war der geheiligte Zorn einer Hofdame entfacht und wollte nicht mehr weichen. Die Marquise de Montespan sah sich durch die Handlung dieses Bühnenwerks in ihrer Würde angetastet, und weil sie als Mätresse des Königs enormen Einfluss auf dessen Theatergeschmack besaß, wurde der freche Wortschöpfer in die Wüste gejagt. Lully stand plötzlich ohne Textdichter da, musste aber, um nicht seine hohe Position zu gefährden, weiter liefern. Also versicherte er sich, um einen weiteren Geniestreich vorlegen zu können, stehenden Fußes der Dienste von Thomas ...
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Opernwelt April 2023
Rubrik: CDs, DVDs und Bücher, Seite 30
von Jürgen Otten
Der englische Regisseur James Bonas feiert mit «Ariadne auf Naxos» in Magdeburg (man spielt die spätere, mit einem langen «Vorspiel» bestückte Fassung) sein Deutschland-Regiedebüt. Und er darf gerne, sehr gerne wiederkommen! Das «Vorspiel» inszeniert Bonas auch als solches, lässt die Sängerinnen und Sänger (nebst Schauspielerin Susi Wirth als rauchig-genervtem...
Genieflammen zucken da und dort […] Wenn Mozart nicht eine im Gewächshaus getriebene Pflanze ist, so muss er einer der größten Komponisten werden, die jemals gelebt haben.» Dies prophezeite der streitbare, selbst komponierende Journalist und Dichter Christian Friedrich Daniel Schubart 1775 in seiner «Deutschen Chronik» nach der Münchner Uraufführung von Mozarts «La...
Leise rieselt der Schnee. Unablässig, dichter und dichter werdend, eine Stunde lang. Die Figuren müssen sich in dieser Winterlandschaft vorkommen wie der brave Hans Castorp aus Thomas Manns «Zauberberg», der sich bei einem Ausflug ins Gebirg’ zusehends verirrt und von den Schneemassen fast zugeschüttet wird. Eine Grenzerfahrung birgt auch Romeo Castelluccis...