Leidenskitsch
Erkenntnis und Verstehen, das erhofft man sich von der Zuwendung zu den Randfiguren. Weil sich die Protagonisten des braunen Grauens der nachvollziehenden Abbildung sperren – es sei denn, man treibt alles wie weiland Charlie Chaplin beim «Großen Diktator» in die Groteske. Insofern steht diese Oper in einer guten Tradition. Emilie Schindler, das ist jene Frau, die hinter den Taten ihren Mannes Oskar verschwand. Und dies, obwohl sie ebenso viel unternahm für die Rettung der Juden.
Verhärmt und verlassen von ihrem seitenspringenden Gatten, lebte sie nach dem Krieg in der Nähe von Buenos Aires. Steven Spielberg schenkte ihr in «Schindlers Liste» vier Minuten, Komponist Thomas Morse nun im Auftrag des Gärtnerplatztheaters eine abendfüllende Oper.
Edel, lauter und rein ist diese Absicht. Doch Morse, Co-Librettist und Regisseur Kenneth Cazan sowie Ausstatter Kevin Knight sind in eine Reihe von Fallen getappt. «Frau Schindler», uraufgeführt in der Münchner Reithalle, kommt über die Logik eines «melodramatischen Gefühlskinos», wie sie Albrecht Thiemann für die Inszenierung von Weinbergs «Passagierin» in Gelsenkirchen konstatierte, nicht hinaus (OW 3/ 2017). Es ist bezeichnend und ...
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Opernwelt Mai 2017
Rubrik: Magazin, Seite 85
von Markus Thiel
Als Serge Dorny, Intendant der Opéra de Lyon, im Herbst 2013 von der damaligen sächsischen Kunstministerin Sabine von Schorlemmer als neuer Chef der Dresdner Semperoper präsentiert wurde, hatte er sich für das traditionsbewusste Haus und die auf ihre ruhmreiche Geschichte mächtig stolze Stadt etwas ganz Besonderes ausgedacht: eine Wieder-Holung szenischer Arbeiten,...
Der Mann, der sich Parsifal nennt, leidet an Realitätsverlust, was beim Patienten einer Nervenheilanstalt nicht überrascht. «Wie dünkt mich doch die Aue heut’ so schön», schwärmt er angesichts des jugendstilaffinen, aber kitschig-banalen Landschaftsbildes in Pastell, das da auf einen aus dem Schnürboden herabgefahrenen Hänger projiziert wird. Und der diensthabende...
Manchmal, meist unerwartet, passiert das. Die Welt hält inne. Hört nur noch nach innen, lauscht dem feinen Wispern der Seelen, das der Lärm draußen für gewöhnlich übertönt. Das fis-Moll-Duett «Io t’abbraccio» könnte ein solcher Moment sein. Kaum ein Stück Händels ist derart zerbrechlich wie dieses «Larghetto». So berührend schön in seinem Schmerz. Zwei Liebende...