Kurioses Fundstück
Viel fehlte nicht, und das vermutlich merkwürdigste Relikt aus Wagners tristester Lebensphase wäre im Orkus der Musikgeschichte verschwunden: Nur ein einziges gedrucktes Exemplar seiner 1840/41 entstandenen Bearbeitung von Donizettis «La Favorite» für zwei Violinen hatte sich im Nachlass des französischen Pianisten und glühenden Wagnerianers Alfred Cortot erhalten und schmorte dort ein paar Jahrzehnte unbeachtet vor sich hin, bis es vor einigen Jahren vom Dirigenten Hartmut Haenchen entdeckt wurde.
Die Ersteinspielung durch Matthias Wollong und Jörg Fassmann liefert jetzt sozusagen den Soundtrack zu Wagners Pariser Jahren – ohne allerdings echter Wagner zu sein. Denn die achtzehn Nummern verraten lediglich die eiserne Disziplin des Arrangeurs, der einem anderen Komponisten so gut gerecht werden will wie möglich. Das gelingt naturgemäß vor allem in den Bearbeitungen der Arien und Duette, in denen sich die musikalische Substanz der großen Oper ohne größere Verluste auf die Zweistimmigkeit der beiden Streicher reduzieren lässt: Dort, wo eine Melodie ohnehin nur durch knappe Pizzicati begleitet wird oder statt zweier Kehlen zwei Geigen im Unisono schmachten. Die ausschwingende, ...
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Was deutsch und echt, scheint manchem Engländer noch immer verdächtig. Vor allem die «Tabloids», die Boulevardzeitungen, lassen kaum eine Gelegenheit aus, den Teutonen verbal eins aufs Haupt zu geben, sei’s beim Fußball, sei’s gar beim bayerischen Papst. Die respektlos-flapsige Headline der «Sun», «From Hitler youth to Papa Ratzi», hat in Deutschland böses Blut...
Das Berner Stadttheater zeigt nicht nur mehrere, sondern auch diametral entgegengesetzte Gesichter. Nach der an Peinlichkeiten reichen Produktion von Catalanis «La Wally» (OW 4/2005) in der Regie von Renata Scotto nun also Peter Eötvös’ Tschechow-Oper «Tri sestri» in einer schlichten, aber überaus luziden, eindrucksvollen Inszenierung.
Dass man mit diesem Werk ein...
Die Romantiker schienen mit dem Gesang geboren. Die Literatur der Zeit jedenfalls ist voller Sänger. Figuren, die eigens gedichtete Lieder vortragen, die an den unterschiedlichsten Orten zu unterschiedlichsten Gelegenheiten ihre Stimme erheben, für die das Singen selbstverständlich zu sein scheint. Der Gesang wird zum Lebensgefühl einer Epoche. Ihnen folgten die...