Kreatives Brüten
Spätestens mit Walter Felsenstein ist uns bewusst geworden, dass die Opernbühne zweierlei Arten der Darstellung erlaubt. Einmal das «mit Ausdruck Singen und dazu Spielen», wie es für die Oper als Regel gilt. Freilich nicht fürs Musiktheater. Denn für Letzteres ist Musik «nicht etwas vorher Gegebenes, in das der Sänger sich während des Singens einfühlt» (Joachim Herz). Das Einfühlen findet vielmehr schon beim Erarbeiten der Partie statt; der Sänger scheint die Musik im Augenblick des Singens quasi kreativ auszubrüten.
Wie, so hat man den Eindruck, Rolando Villazón.
Felsenstein hätte vermutlich Freude an ihm gehabt. Obwohl der Tenor der Forderung des Altmeisters, jede Spekulation auf die Wirkung der (stimmlichen und darstellerischen) Mittel abzulegen, um nur noch der Fabel und ihrer Aussage zu dienen, nicht völlig entgegenkommt. So spekuliert er auch in seinem neuen Album durchaus mit der Wirkung seiner dunkel timbrierten Stimme, die den Körperklang vorzüglich nutzt und sich nach oben wie ein Trichter öffnet. Live scheint sie nicht allzu groß, ist aber gut fokussiert, so lange er im Fach des Lyrico bleibt.
Dort formuliert er, geführt von Michel Plasson und dem Münchner ...
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