
Foto: Thomas M. Jauk
Kosmischer Knuddel
Am 4. April in Linz.
«Chi a una sola è fedele verso l’altre è crudele», sagt Don Giovanni zu Beginn des zweiten Aktes zu Leporello: Wer einer einzigen treu bleibe, sei grausam zu allen anderen. Bei Seho Chang in Linz wirkt dies irgendwie drollig, denn der Koreaner ist von der Erscheinung her eher rundlich-knuddelig. Möglicherweise appelliert er an den Mutterinstinkt – ein nicht zu unterschätzendes psychologisches Motiv bei der Partnerwahl der Damen. Freilich singt er mit recht verlockendem Ton. Wir sahen eine Folgevorstellung; in der Premiere sang Martin Achrainer den «Wüstling».
Der schlaksige Bassbariton hatte den Titelhelden schon vor neun Jahren in Andreas Baeslers Linzer Inszenierung noch im alten Haus verkörpert und sich dabei als Doppelgänger des Johann Hölzel, der Welt als Falco bekannt, ausgegeben. Das war zehn Jahre nach dem Unfalltod der Wiener Pop-Ikone. Auch zur Zeit ist Falcos Name wieder im Trend; am 19. Februar wäre er sechzig geworden. Doch François De Carpentries, Regisseur der Linzer Neuinszenierung des «Don Giovanni» (zum Auftakt eines vom neuen Intendanten Hermann Schneider geplanten Mozart-Zyklus), ersparte sich jede Anspielung. Er versetzte die Figur in die Welt Molières: als ...
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Opernwelt April 2017
Rubrik: Panorama, Seite 47
von Gerhard Persché
Wiedersehen macht Freude – vor allem bei Gästen, die nicht zu oft kommen. Unter der Intendanz von Peter Jonas inszenierte David Alden derart häufig an der Bayerischen Staatsoper, dass irgendwann kein Münchner Operngänger seine ironische Popästhetik mehr sehen konnte. Nun ist der New Yorker Regisseur ins Nationaltheater zurückgekehrt, um Gioachino Rossinis letzte...
Das Stück ist sakrosankt, unantastbar. Vollendete Vokalkunst. Und einer der tristesten Klagegesänge der Musikgeschichte. «When I am laid in earth», Didos Weltabschiedsarie, trägt den Schmerz einer ganzen Epoche in sich, ist aber zugleich von einer so ätherischen Schönheit, dass man das Leben im Jenseits fast schon wieder als wunderbar imaginieren möchte. Der Tod...
Manchmal sieht man es erst auf den dritten Blick. Wenn Vaters schmuckes Jackett speckige Flecken bekommt, wenn Mutter nur noch Billigstfleisch beim Discounter kauft – oder wenn das Kind nicht mit auf Klassenfahrt kann: Es strauchelt sich schnell in exakt jenem sozialen System, in dem der wahre Status getarnt sein will. Existenznot beginnt mit kleinen,...