Klangwerker der Schöpfung
Für Susanne Elgeti streift Dieter Schnebel noch einmal den Talar über, richtet das geteilte Beffchen des reformierten Protestanten, hebt die Arme und spricht den Segen für eine imaginäre Gemeinde. Die Kirche ist leer, der Atem geht schwer. Vom «Friede Gottes» hören jetzt nur die Regisseurin und ihr Team. Gut so?, fragt der Blick des Pfarrers a. D. Der «Friede Gottes» – er ist ein Leitwert, ein Sehnsuchtsort, der den mittlerweile 86-Jährigen seit jeher an- und umtreibt, den Theologen wie den Künstler. Etwas, das «jenseits von Zeit und Raum» wirkt.
Auftrag und Verheißung, Fernziel der Schöpfung, die der Mensch des entfesselten Kapitalismus gerade wieder einmal zu verspielen droht.
«Utopien» hat Schnebel seine letzte Arbeit für die Bühne genannt und ans Ende das große Segenswort gesetzt. Wie ein roter Faden ziehen sich Ausschnitte aus dem 2014 in München uraufgeführten «musikalischen Kammertheater» für sechs Stimmen, Statisten und Instrumentalensemble durch Elgetis sensibles Filmporträt. Es zeichnet nicht nur das Denken und Fragen eines Komponisten nach, der sich, angeregt durch John Cage, in seinen Werken intensiv mit der Physiologie der Stimme und der Materialität der Lautproduktion ...
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Opernwelt Mai 2016
Rubrik: DVD des Monats, Seite 29
von Albrecht Thiemann
Das also ist das Elysium. Diese knallbunte Skulptur, die ein bisschen nach kunstvoll zusammengedrückten Pappstreifen aussieht. Ein Dichterhimmel wohl: Choristen lümmeln darauf, durch Sonnenbrillen lesend. Sonst sieht nicht viel nach Star-Architektur aus im neuen «Orfeo» der Berliner Staatsoper – und das ist auch besser so. Nichts gegen das Gefältel. Aber sollte ein...
Einst riet Richard Wagner dem nach Bayreuth gereisten Friedrich Nietzsche, er solle die Augen schließen und die Musik nur hören. Zu gern wäre man dieser Empfehlung bei der Hamburger Premiere von Rossinis «Guillaume Tell» gefolgt. Denn gegenüber der angestrengt um Gegenwartsbezüge bemühten szenischen Einrichtung von Roger Vontobel (seine erste Opernregie) und...
Gestern haben wir uns ein Musical angesehen. Von mir aus wär ich wohl kaum hingegangen, aber eine Freundin hat da mitgemacht. Versteht sich von selbst, dass wir nachher auch hinter die Bühne sind, um ihr vorzuschwärmen, wie sehr wir den Abend genossen hätten. Dabei war’s schrecklich. Einfach grauenhaft – zu lang, zu platt, zu schlecht gemacht. Ich wusste es, die...