Kindischer Held

Christophe Rousset legt eine elegante Version von Lullys «Phaéton» vor

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Er ist ein unsympathischer Held, dieser Phaéton. Selbstverständlich haben Jean-Baptiste Lully und sein Librettist Philippe Quinault in ihrer letzten mythologischen Oper die Fabel aus Ovids «Metamorphosen» mit einer Liebesgeschichte dekoriert. Doch zum Liebhaber taugt der Bastard des Sonnengottes rein gar nicht. Théone lässt er links liegen, als sich die Gelegenheit bietet, über die Heirat mit Libye den ägyptischen Thron zu besteigen – Ruhm ist ihm wichtiger als das Glück einer Frau. Zweier Frauen, besser gesagt, denn Libye liebt Jupiters Sohn Épaphus.

Sie beugt sich aber brav der Pflicht. Vielleicht, weil Épaphus auch keine übertrieben gute Figur macht. Der Streit der beiden Rivalen könnte O-Ton aus dem Kindergarten sein. «Mein Vater ... lässt es überall hell werden!», ruft Phaéton. Darauf trotzig Épaphus: «Mein Vater ... kann Angeber wie dich mit einem Schlag vernichten!» Das kann Phaéton natürlich nicht auf sich sitzen lassen. Also nimmt er Papas Feuerwagen, obwohl der ihn ausdrücklich gewarnt hat, verliert die Kontrolle, und weil alles zu verbrennen droht, muss ihn Jupiter zerschmettern. Das war’s, Ende der tragédie mise en musique. Was aus den anderen wird, erfahren wir nicht. ...

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Opernwelt Februar 2014
Rubrik: Hören, Sehen, Lesen, Seite 18
von Wiebke Roloff

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