Karnevalsstimmung
Bereits Felix Weingartner, vor gut hundert Jahren der wohl leidenschaftlichste Vorkämpfer für Berlioz’ «Benvenuto Cellini», war sich über die Schwierigkeiten dieser Oper vollauf im Klaren: «Cellini» brauche eine angemessene Aufführung nötiger als irgendein anderes Meisterwerk, schrieb der ehemalige Generalmusikdirektor der Wiener und Berliner Hofoper 1912, und zählte auch gleich die größten Probleme auf: «Die Oper ist leicht in ihren Einzelheiten, aber außerordentlich schwer im Ensemble. Sie braucht richtige Belcantosänger.
Die lyrischen Tenöre mit heldenhaftem Charakter in Stimme und Darstellung, wie sie die Titelrolle erfordert, sind nicht leicht zu finden.» Ansprüche, die offenbar heute noch genauso abschrecken wie zu Weingartners Zeit, die aber auch ein hohes Qualitätsniveau garantieren: Wer sich für diese Oper einsetzt, muss das zwangsläufig voll und ganz tun.
In der Einspielung Roger Norringtons herrscht, wie schon bei Sir Colin Davis (Philips) und John Nelson (Virgin), in keinem Takt Routine: Das vibratofreie Spiel, das Norrington den Streichern seines Stuttgarter Orchesters abfordert, erzwingt Präzision und sorgt dafür, dass die oft komödiantisch überzeichnenden ...
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Als nach der Premiere von Pietro Mascagnis «Iris» die letzten Gäste das Chemnitzer Opernhaus verlassen, ist vor der Fassade schon das Banner für den nächsten Spieltag festgezurrt. Die «Comedian Harmonists» kommen. Das szenisch in Deutschland zuletzt 1899 (!) aufgeführte Japan-Stück Mascagnis steht erst Ende März wieder auf dem Spielplan. Die Entdeckung muss...
Wenn die Unterwelt ihre Furien ausspuckt, die Erde zittert und der Himmel grollt, dann hat die Musik ihren großen Auftritt. Sie erledigt solche Ereignisse in wenigen Takten, meist sogar in wenigen Sekunden. Doch solche Sekunden haben es in sich. Da sackt plötzlich jede metrische Ordnung weg, und die Streichinstrumente donnern wuchtig, als wollten sie den Schlägen...
Es sei ein Zeichen von geistesgeschichtlichem Instinkt, dass Kritiker zur Eitelkeit neigen, befand Joachim Kaiser im einleitenden Essay zu seinem «Kleinen Theatertagebuch» (1965). Denn dadurch verrieten sie, dass sie alle Sicherheiten des Urteils vorspielen müssten. Dies scheint sich vor allem dann zu bestätigen, wenn in ein und derselben Sache die Meinungen...