Im Weltinnenraum des Traums
Die Zeilen sind Legende: «Über allen Gipfeln / Ist Ruh, / In allen Wipfeln /Spürest du / Kaum einen Hauch; / Die Vöglein schweigen im Walde. /Warte nur, balde / Ruhest du auch.» Wie so viele andere Komponisten vor und nach ihm, hat auch Robert Schumann dieses zweite der unter dem Titel «Wandrers Nachtlied» rubrizierten Gedichte aus Goethes Feder (der Dichter überschrieb es mit «Ein Gleiches») vertont.
Schumann findet für diese Verse einen Ton, der die ganze Orientierungslosigkeit des romantischen Subjekts, seine düstere, beinahe wortlose Stimmung in zart-innigliche Klänge fasst, ohne auch nur eine Sekunde in Larmoyanz zu verfallen. Sein, des verunsicherten Subjekts, Schmerz erscheint als wattiert, besänftigt. Und ist doch absolut direkt in seinem Ausdruck. Wenn Christian Gerhaher und Gerold Huber (die nur als Gespann zu verstehen sind, weil sie als Sänger und Pianist symbiotisch verschmelzen wie derzeit kein anderes Duo) dieses Lied interpretieren, dann wird deutlich, worin die große Kunst der beiden Interpreten liegt: Dringlichkeit und Dezenz sind hier ein traumhaftes (ganz und gar undialektisches) Paar, und nicht ein Wort ist da, das nicht durch den Klavierklang beglaubigt, ...
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Opernwelt November 2021
Rubrik: Hören, Sehen, Lesen, Seite 22
von Jürgen Otten
«Passion» hat Véronique Gens ihr neues Album genannt, mit dem die französische Sopranistin zu ihren künstlerischen Wurzeln zurückkehrt. Gemeinsam mit Louis-Noël Bestion de Camboulas, dem Leiter des sie begleitenden Ensemble Les Surprises, hatte sie den zündenden Einfall, die für die französische Barockoper so typischen kurzen Airs und deklamatorischen Rezitative...
Drogenabhängig waren sie alle drei. Doch nicht der Rausch bacchantischer Verzückung war es, nach dem Karl Marx, Richard Wagner und Friedrich Nietzsche trachteten. Der Grund dafür, dass sie zeitlebens, in unterschiedlicher Dosierung, dem Opium zuneigten, war um einiges prosaischer: Es linderte schlichtweg ihre zum Teil extrem schmerzhaften körperlichen Leiden. Und...
An den Ufern der Loire, nachts um halb eins. Als habe ihnen jemand etwas in den Tee getan, irren gallische Frauen und Männer, sämtlich blondbezopft (sind sie gar dem Comic «Asterix und Obelix» entwichen?), in wallenden grünen Gewändern durch den dunklen Zauberwald, hauen einander mit krummen Stöcken aus Holz nach Barbarenart in die Rippen. Es dauert eine Weile, bis...