Im Wald
Wenn es um weibliche Ausnahmezustände geht, ist Ausrine Stundyte derzeit erste Wahl: als Elektra, als halluzinierende Renata in Prokofjews «Feurigem Engel», neurotische Judith (in Romeo Castelluccis Deutung von «Herzog Blaubarts Burg« im vergangenen Salzburger Sommer) oder – zuletzt in Münchens erstem Opernhaus – als besessene Nonne in Pendereckis «Teufel von Loudun». Doch zwei verlassene Frauen an einem Abend, das ist wahrscheinlich selbst für die litauische Extremsopranistin etwas viel.
An der Bayerischen Staatsoper hat Regisseur Krzysztof Warlikowski Stücke zusammengespannt, die stilistisch unvereinbar scheinen: Purcells «Dido and Aeneas» und Schönbergs «Erwartung». Wie schwierig der Spagat zwischen dem späten 17. und dem frühen 20. Jahrhundert ist, bleibt unüberhörbar: In den ruhigen, eher tief liegenden Linien der Dido wackelt Stundytes Stimme, Ausflüge in die Höhe klingen übersteuert. Schönbergs Monodram, ihr deutlich näher liegend, geht sie mit fast hektischem Expressionsdruck an. Doch intensiv wirkt daran vor allem die Textgestaltung; rein stimmfarblich ließe sich die Palette noch erweitern.
Dass Präsenz und Klang nicht richtig durchschlagen, daran dürfte die weit ...
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Opernwelt März 2023
Rubrik: Panorama, Seite 52
von Michael Stallknecht
Roms Glaube ohne Worte!» wollte Friedrich Nietzsche in Richard Wagners «Parsifal» gehört haben, nachdem er vom Verehrer zum Intimfeind des Bayreuther Meisters mutiert war und auf dessen kunstreligiöse Anwandlungen nebst Keuschheitsethik nur mehr mit Bissigkeit antworten konnte. Um die böse Sentenz des Philosophen bloß nicht zu bestätigen, tilgt Michael Thalheimer...
Two for the Price of One» lautet ein bekannter ABBA-Song. Dabei bedienten sich die Schweden des traditionellen englischen Marktschreiers, der auf zwei Schnäppchen zum Einheitspreis verweisen möchte – was der Duden mit «aus eins mach zwei» nur unzureichend übersetzt. Wie dem auch sei: Bei Heinz Irrgehers «Wiener OPERNg’schichten» denkt man sogar an three for the...
Als 1992 die «Entdeckung» Amerikas durch Columbus 1492 zelebriert wurde, kam Spaniens König Juan Carlos nicht umhin, diese Großtat vollmundig zu preisen: Erst die «hispanidad» habe der «Neuen Welt» mit der spanischen Sprache, dem Katholizismus und der eurozentrischen Kultur, der barocken Architektur wahre Würde verliehen. Doch in Lateinamerika hielt sich die...