Im Gefühlsrausch
Dass es in der Oper, dem «Kraftwerk der Gefühle» (Alexander Kluge), immer schon auch um soziale und ökonomische Verhältnisse ging, ist bekannt. Unter den fest im Repertoire verankerten Komponisten hat sich aber wohl keiner so sehr für wirklich prekäre Lebensverhältnisse interessiert wie Giacomo Puccini, auch wenn er sie – wie in «La Bohème» – gelegentlich idealisierte. Auch «La fanciulla del West», noch immer ein Stiefkind des Repertoires – und nicht frei von Idealisierungen –, streift ja am Ende sogar hart den Kitsch.
Was noch kein Grund dafür ist, dass die Westernoper so selten gespielt wird. Immerhin hielt sie Puccini selbst für sein bestes Werk, und kein Geringerer als der garantiert nicht kitschverdächtige Anton Webern zollte der Partitur höchstes Lob: «Jeder Takt überraschend. Ganz besondere Klänge. (...) Ganz verhext hat mich diese Oper.»
Gewiss liegt es auch nicht an der filmischen Erzählweise der «Fanciulla», die heutigen Sehgewohnheiten ja eher entgegenkommt. Es ist wohl eher die Vorstellung, dass Puccinis Verismo sich hier vor einer Cowboy-Western-Kulisse abspielt, im Kalifornien zur Zeit des Goldrauschs, sowie die Tatsache, dass trotz «besonderer Klänge» kaum ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein

- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Opernwelt Februar 2023
Rubrik: Panorama, Seite 31
von Regine Müller
Zwischen «Luisa Miller» und «Rigoletto» komponierte Giuseppe Verdi seinen «Stiffelio», ein Werk, das nach seiner Uraufführung in Triest von der Bildfläche verschwand und in der originalen Gestalt erst 1968 in Parma wiederaufgeführt wurde. Bis heute ist es in der Familie der Verdi-Opern ein ungeliebtes Stiefkind. Aachen und Dijon zeigten nun höchst unterschiedliche,...
Meine Güte, hat denn je einer mit clemenza Wahlen gewonnen? Trotz Ciceros Meinung, nichts zieme einem großen Manne mehr als Versöhnlichkeit und Milde, wurde diese Eigenschaft schon zu Römerzeiten vermutlich als Domäne der Schwachen empfunden. Auch in Mozarts «La clemenza di Tito» herrscht Zwiespalt, und die Musik verweist keineswegs auf jene Milde, die der Titel...
Vorschau
Slowenische Poesie
In seiner Heimat ist er ein Star. Und vielleicht auch bald in Deutschland, wo Vito Žuraj nach einem Studium in Ljubljana wichtige Impulse als Komponist erhielt und sein Wissen inzwischen selbst weitergibt. An der Oper Frankfurt erlebt nun Žurajs Musiktheater «Blühen» auf ein Libretto von Händl Klaus seine Uraufführung – ein Stück, das...