Im Furor bei sich
Inge Borkh war die letzte Überlebende jener beeindruckenden Sopranistinnen-Riege, die zwischen 1950 und 1970 die Opernbühnen beherrschte. Wie keine zweite Sängerin, deren Kunst auf Tondokumenten festgehalten ist, war sie die Inkarnation von Strauss’ Elektra, einer Partie, die sie mehrere hundert Mal sang. «Frenetische Leidenschaft, erhabene Liebe, fantastischer Hass und heiliges Feuer» – mit diesen Worten hat ein französischer Kritiker ihre Darstellung der Atridentochter gerühmt, deren Rachegelüste sich in Mordfantasien ergehen.
Wer sie damals auf der Bühne sah, wird die innere Glut ihres Spiels, den Furor ihres Singens nie vergessen. Mensch und Figur wurden eins.
«Elektra», so erinnerte sie sich, «wurde mein zweites Ich. Mit jeder Aufführung wuchs ich in sie hinein mit Wort und Ton. Mit keiner anderen Gestalt hatte ich so eine Seelenverwandtschaft, ich kann mich nie mehr ganz von ihr loslösen, kann mich auch heute noch in sie zurückziehen. Es ist künstlerische Begeisterung im wahrsten Sinne des Wortes: ein durchgreifendes geistiges Erleben, das auf der Ebene des Außer-Sich-Seins mir eine volle Identifikation mit der Rolle ermöglichte … Ich denke keinen Moment mehr ans Singen. ...
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Opernwelt November 2018
Rubrik: Magazin, Seite 73
von Uwe Schweikert
Selbst schuld, wer im Parkett sitzt. Man wird zwar gesehen, sieht aber keineswegs optimal, speziell bei dieser Monteverdi-Produktion im Haus für Mozart. Denn die «Szenen wie in der Sixtinischen Kapelle», von denen Jan Lauwers in Zusammenhang mit seiner Sicht auf «L’incoronazione di Poppea» sprach, erschließen sich fast ausschließlich den Zuschauern im Rang: Leiber...
59. Jahrgang, Nr 11
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