Hojotoho!
Und was ist denn die Kunst? Sie gleicht den schönen blauen flackernden Flammen, die zuweilen über dem Herd sich erheben, alles Übrige aber ist Zerstörung, Vernichtung. Dass sie bildend leuchten soll während einer tatenreichen Zeit, das ist freilich der Traum.» Betroffen vernimmt man diese Sätze, die Richard Wagner zu seiner Frau Cosima am 21. Dezember 1870 gesagt hat, während derzeit in Europa ein Krieg tobt.
Wagner perpetuiert hier Schillers pathossatten Gedanken vom Theater als «eine Schule der praktischen Weisheit, ein Wegweiser durch das bürgerliche Leben, ein unfehlbarer Schlüssel zu den geheimsten Zugängen der menschlichen Seele» – so formuliert in Schillers Mannheimer Vorlesung 1784 «Die Schaubühne als eine moralische Anstalt betrachtet».
Betroffen sieht man in der neuen Stuttgarter «Walküre», wie die Mitglieder der Theatergruppe Hotel Modern mit einer auf Schienen laufenden Videokamera Bilder zerstörter Landschaften aufnehmen, die auf eine große Leinwand projiziert werden. Zerbombte Wohnhäuser, aufgerissene Erde, entlaubte Bäume und schrottreife Panzer ziehen vorüber – alles Miniaturmodellbauten. Gegen Ende zerstäubt weißes Pulver, ein Fön bläst einen künstlichen ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein

- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Opernwelt 6 2022
Rubrik: Im Focus, Seite 18
von Götz, Thieme, Markus Thiel, Monika Beer
Einen so prosaischen, beachtlich unmusikalischen Einstieg in Giuseppe Verdis Ägyptenoper «Aida» wie jetzt am Theater Chemnitz hat man noch nicht erlebt: Verdis Vorspiel schweigt, wenn der Vorhang sich öffnet und den Blick aufs pralle Bühnenleben freigibt. Sind wir im zweiten Bild von Puccinis «Bohème», im Menschentrubel des Pariser Quartier Latin? Bunt gewandete,...
Richard Wagner giftete einst gegen seinen Gönner Giacomo Meyerbeer, dessen Opern-Effekte seien «Wirkung ohne Ursache». So böse Wagners Bonmot ist – begegnet man Verdis «Ernani», drängt es sich nachgerade auf. Meistens wird dieses unreife Dramma lirico nur konzertant gegeben. Im Rahmen seiner Bemühungen um Verdis selten gespielte Werke brachte das Bonner Opernhaus...
Eine Frau, zwei Männer – da freut sich der dritte. Jacqueline, Gemahlin des weißbärtigen, dauereifersüchtigen Notars Maître André, ist jung, très chic et très belle, erotisch unausgefüllt, weswegen sie den Avancen des Hauptmanns Clavaroche recht bald im Ehebett nachgibt, bevor sie ihn im Kleiderschrank verstecken muss. Fortunio wiederum, der gerade eine juristische...