Hohe und niedere Gefühle
Mit seinen Opern verfuhr Georg Friedrich Händel pragmatisch: Wenn für eine Wiederaufnahme die Sängerbesetzung gewechselt hatte, zögerte er nicht, das ganze Werk auf deren Stärken und Schwächen hin neu zuzuschneiden. Zwölf neue Arien schrieb er, als seine erste Londoner Seria «Radamisto» Ende Dezember 1720, nur ein halbes Jahr nach der umjubelten Premiere, wieder auf die Bühne kam, und auch bei späteren Umbesetzungen berücksichtigte Händel die Fähigkeiten seiner neuen Primadonnen.
Mithin darf die Urfassung nahezu als eigenes Werk gelten, und die jetzt vorliegende Ersteinspielung dieser Premierenversion vom April 1720 durch Alan Curtis schließt eine der letzten Lücken in Händels Operndiskografie. Strukturell fallen die Unterschiede freilich nicht sonderlich ins Gewicht: Die zweite Version, von der eine Einspielung mit Nicholas McGegan (Harmonia Mundi) greifbar ist, schärft durch die neu hinzugekommenen Arien (z. B. Radamistos «Ah perfido» im ersten Akt) die charakterlichen Kontraste etwas an und erweitert durch die Hinzufügung eines Quartetts im dritten Akt den formalen Radius ein wenig.
In beiden Fassungen ist der «Radamisto» eines der stärksten Bühnenwerke Händels – und zu Recht ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein

- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Herbert Wernicke hätte es wohl gefallen, dass sein Basler Bühnenbild für den ersten Teil von Händels «Israel in Egypt», das letzte, das er vor seinem Tod im Frühjahr 2002 noch entwerfen konnte, in der Jubiläums-Inszenierung der «Lustigen Witwe» in Hannover konserviert und produktiv weiterentwickelt wird. Mit dem Zuschauerraum des Bayreuther Festspielhauses auf...
Die pädagogische Absicht ihrer «Così» haben Mozart und Da Ponte schon im Untertitel vermerkt: Als «Schule der Liebenden» wollten sie ihr Partnertausch-Experiment verstanden wissen, und das darf bis heute jeder Zuschauer getrost auf sich selbst beziehen. Nur: Worin besteht das Lernziel dieser Unterrichtseinheit? Für Peter Konwitschny, der sich jetzt erstaunlich...
Am Ende lacht Charlotte. Werthers Selbstmord bedeutet für die junge Frau ein Erwachen aus einem amourösen Alptraum. Regisseurin Kornelia Repschläger rückt mit ihrer durchdachten Inszenierung am Mecklenburgischen Staatstheater Schwerin Charlottes ambivalente Gefühlslage in den Mittelpunkt.
Bei ihrem ersten Auftritt trägt Charlotte eine weiße Rüschenschürze,...