Hört auf Elisabeth

Verdi: Don Carlo Gelsenkirchen / Theater im Revier

Das Requisit hat (nahezu) ausgedient: Die Bühne ist kahl. Vom ersten Moment an. Und sie bleibt es. Wenn Weimars Ex-Intendant Stephan Märki dem Musiktheater im Revier den ersten Don Carlo seit rund einem Vierteljahrhundert beschert, zeigt er ein Stück, das keine Zutaten braucht, den Blick ­direkt in und auf den Menschen freilegt. Ein mutiger Ansatz, denn so hängt alles von einer inten­siven Figurenführung ab. Doch die gelingt Märki allenfalls an der Oberfläche.

Das Geschehen ist in einem zeitlosen Raum verortet, dessen nackte Wände Gefängnis-Atmosphäre spiegeln.

Kein Entkommen. Der dreistufige Bühnenboden wirkt wie ein Opferaltar, auf dem Menschen bluten. Wie ein ironischer Kommentar wirkt da ein kleines Lamm, das die Mensch gewordene «Stimme vom Himmel» in der Hand trägt. Märki erlaubt sich mehrere solcher ironischen Brechungen, auch wenn Ebolis erste Arie von einer Commedia dell’Arte-haften Pantomime untermalt wird.

Märki setzt zwar oft auf Raumspannung, etwa indem er die Figuren in Dreiecksbeziehungen auf der Bühne platziert, doch immer wieder verhungern sie auf ihren jeweiligen Positionen: hier eine Geste des Entsetzens, dort eine der Hoffnung – das ist zu wenig. Dabei überzeugt ...

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Opernwelt Februar 2013
Rubrik: Panorama, Seite 39
von Christoph Vratz

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