Himmel und Hölle
Manchmal gleicht der Anfang schon dem Ende. Alles ist bereits erzählt, erlebt, durchlitten; auch die Musik, in diesem Fall das «Perdono»-Finale von Mozarts «Le nozze di Figaro», scheint, kurz vor Eintreten des Allegro assai, erschöpft zu sein. Aber wer weiß, vielleicht wird dieser Film über einen tolldreisten Tag auf dem Land noch einmal gedreht? Fast möchte man es glauben, so unentschlossen stehen die Paare und Passanten da an der Rampe, in Konstellationen, deren Konsistenz längst zu bröckeln begonnen hat. Könnte so sein (und gut sein), aber eben auch anders.
Im Hintergrund ein schwarzes Flimmern, das nicht eindeutig ist: Entweder beginnt die Geschichte gleich, oder sie wurde gerade erzählt. Ist aber auch egal. Hauptsache, wir haben Spaß. Und werden zum Denken angeregt.
Beides ist der Fall in Lydia Steiers frech-frivoler und fintenreicher Inszenierung an der Staatsoper Hannover, die auf eine Aktualisierung des Stoffes verzichtet und doch brandaktuell ist. Denn wenn die US-amerikanische Regisseurin, seit Beginn der Saison Operndirektorin am Luzerner Theater, eines beherrscht, dann ist dies die Kunst der Personenführung, gepaart mit einer (bewusst oder unbewusst) generierten ...
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Opernwelt März 2022
Rubrik: Im Focus, Seite 8
von Jürgen Otten
Musik soll Menschen verbinden können, über Zeiten und Räume hinweg, also zeit- und grenzenlos sein. So zumindest lauten naiver Wunschtraum und wohlmeinendes Vorurteil; auch der Glaube an eine angeblich sprachähnliche Verständlichkeit drückt sich landläufig so aus. Doch die Wirklichkeit sieht anders aus. Die Spaltung zwischen «E» und «U» hat sich – trotz der...
Don Pasquale ist Witwer. Frau und Kind sind früh verstorben, sie werden vom rührselig geigenden Kunstsammler schon in der Ouvertüre betrauert. Auch seiner gigantischen Sammlung aus Büchern, Korallen und von der Decke herabhängenden Fabeltieren und Missgeburten hat er sich mit einer barocken Halskrause historisch angeglichen: ein melancholisch-schönes Bild des...
Jede Aufführung von Donizettis «Lucia di Lammermoor» steht (oder fällt) mit der Besetzung der Titelrolle. Mit ihrer vokalen Pyrotechnik und exaltierten Gefühlsdialektik, die psychische Extremzustände wie mit dem Zoom zeigt, gehört die Partie zu den größten Herausforderungen im Reich des Gesangs. In Osnabrück überwältigt die junge Sopranistin Sophia Theodorides mit...