Hier bin ich reich, hier darf ich's sein
Ariadne monologisiert. Wie schön es doch war mit Theseus, der sie verließ. Und wie schön es wäre, wenn endlich Hermes käme, der Todesbote, der allem Kummer ein Ende macht. Lautlos, so singt sie, werde ihre Seele ihm folgen, «wie ein leichtes Blatt im Winde». Da gluckst das Publikum. Denn leichte Blätter gibt es hier viele. Böse Böen beuteln das Zeltdach, unter dem Ariadne im klassisch-griechischen Chiton so viel Innigkeit herzustellen versucht wie möglich. Es ist so kalt, dass man ihren Atemhauch sieht. Der Regen peitscht von zwei Seiten an den Rändern der Bühne vorbei.
Langsam bilden sich Pfützen vor Ariadnes schwarzen Felstreppen. Während hinter der Plane literweise und hörbar das Wasser abfließt, versucht eine Hornkantilene aus dem Orchestergraben daran zu erinnern, dass wir auf Naxos sind und dass es um eine umwölkte Seele geht und nicht um den schwarz bewölkten Himmel, auf den sich unsere Blicke immer wieder richten. Was Ariadne braucht, ist weder Theseus noch Hermes, sondern ein warmer Daunenmantel.
Dabei könnte alles so schön sein. Wenn sie nicht vom Sturm zerzaust wären, könnten wir auf wunderschöne Blumenrabatten blicken, die gleich neben der Bühne beginnen. Wenn er ...
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