HALBWEGS MITREISSEND
Richard Wagner giftete einst gegen seinen Gönner Giacomo Meyerbeer, dessen Opern-Effekte seien «Wirkung ohne Ursache». So böse Wagners Bonmot ist – begegnet man Verdis «Ernani», drängt es sich nachgerade auf. Meistens wird dieses unreife Dramma lirico nur konzertant gegeben. Im Rahmen seiner Bemühungen um Verdis selten gespielte Werke brachte das Bonner Opernhaus es nun szenisch heraus.
Auch nach dieser Produktion wird «Ernani» es wohl kaum ins Repertoire schaffen, wenngleich Will Humburg im Graben mit furiosem Engagement für die Partitur plädiert: messerscharf präzise, dramatisch zugespitzt und durch subtilste Differenzierung adelt sein Dirigat vieles von dem, was beim frühen Verdi noch arg mechanisch durchnudelt. Mit Erfolg liest Humburg die Tiefe und emotionale Wucht des späten Verdi in «Ernani» schon hinein. Die haarsträubende Handlung, die Verdi möglicherweise als eine Art Affekt-Testlabor diente, ist damit leider nicht zu retten. Die Geschichte bietet extreme Konflikte und Gefühlsaufwallungen in schneller Abfolge, doch weder Entwicklung noch plausible Herleitungen.
Elvira sieht sich von gleich drei Männern heiß umworben. Der erste, Ernani, wird als guter Bandit aus ...
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Opernwelt 6 2022
Rubrik: Panorama, Seite 52
von Regine Müller
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