Gesundgeschrumpft?
Die Caracalla-Thermen in Rom haben schon einiges erlebt. Ihr Erbauer Kaiser Caracalla – er regierte im dritten Jahrhundert und hieß eigentlich Lucius Septimius Bassianus – ging als Terrorregent in die Geschichte ein. Im sechsten Jahrhundert zerstörten die Goten die Wasserzufuhr und machten dem Badebetrieb ein Ende. Renaissance-Päpste brachen die Marmorverkleidung zugunsten ihrer Familienpaläste und des Petersdoms ab. Was am Ende blieb, war jenes gigantische Ruinengebilde, das bis heute eine der größten Attraktionen Roms ist.
Seit 1937 dient das Gelände als Sommerspielstätte der römischen Oper. Gegeben werden in erster Linie die Klassiker des italienischen Repertoires: Das bunt gemischte Publikum erwartet vor allem eine gute Musik-Show bei Mondschein. Ein Jahr ist es her, da fieberten Römer wie Touristen einer neuen «Bohème» des italienischen Regisseurs Davide Livermore entgegen, inzwischen Künstlerischer Leiter des Palau de Les Arts in Valencia. Im Orchestergraben: ein Flügel. Das Orchester streikte. Wie so oft unter dem Ende 2013 angetretenen Intendanten Carlo Fuortes. Wie so oft, seit ein neues Gesetz (legge Bray) die Vergabe von Subventionen und günstigen Krediten an eine ...
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Opernwelt September/Oktober 2015
Rubrik: Magazin, Seite 96
von Sabine Radermacher
Beim letzten und bisher einzigen Mal Oper waren die Beteiligten reif für die Kollektivbeichte. Ausgerechnet hier, wo das Leiden des Herrn seit einem Pestgelübde nachgestellt wird, ließ Salome ihre sieben Schleier fallen – damals, 1996, im Rahmen der Richard-Strauss-Tage und als Besuch des Mariinsky-Theaters mit Valery Gergiev. Nur alle zehn Jahre das Theater zur...
Elke Heidenreich und ihr Partner, der Komponist Marc-Aurel Floros – sie leiden. Leiden an der zeitgenössischen Musik, an ihrer Unfähigkeit, das Herz zu erreichen. «Die Avantgarde ist geboren aus dem Entsetzen und den Katastrophen des 20. Jahrhunderts», schreibt Floros. «Diese kann sie auch hervorragend ausdrücken. Aber damit sind ihre Möglichkeiten weitgehend...
Vor dem Sommer sind wir noch gemeinsam in die Vorproben der Neuproduktion «Fidelio» eingestiegen. Das Ensemble saß um Berts Bühnenbildmodell geschart. Einer von uns erklärte, es werde nicht darum gehen, ein spezifisches politisches System abzubilden, sondern zu untersuchen, wie sich ein auf Überwachung gestütztes System, wie wir es aus Diktaturen kennen, in die...