Gestatten: Tschaikowsky (nicht verwandt)

Es ist eine verdammt gute Geschichte. 1935 kommt in Warschau ein Junge mit dichtem schwarzen Schopf zur Welt: Robert Andrzej Krauthammer, Jude. Seine Großmutter rettet ihn 1940 aus dem Warschauer Ghetto. Sie blondiert ihm das Haar, verkleidet ihn als Mädchen und spaziert einfach durch das Tor. Sie versteckt ihn im Schlafzimmerschrank einer katholischen Familie, treibt falsche Papiere mit einem neuen Namen auf – der Knabe heißt jetzt André Tschaikowsky. Nach dem Krieg wird er Konzertpianist.

Er komponiert auch, leidenschaftlich, penibel: Nur sieben Werke sind veröffentlicht; an seiner einzigen Oper, «The Merchant of Venice», bastelt er vierzehn Jahre lang. Die Partitur ist entsprechend dicht, erinnert an Alban Berg, aber auch an Purcell, Britten: Tschaikowskys Wahlheimat England hört man ihr an. Er stirbt 1982 in der (vergeblichen) Hoffnung, Lord Harewood und Mark Elder würden die Oper an die English National Opera holen – und fällt dem Vergessen anheim. Dem entreißt ihn eine Schrulle: 2008 verwendet die Royal Shakespeare Company seinen Schädel seinem Wunsch gemäß in «Hamlet» auf der Bühne, dank des Skandals ist der Name auf der Insel plötzlich in aller Munde. Und im Juli wird in ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt Juli 2013
Rubrik: Magazin, Seite 77
von Wiebke Roloff

Weitere Beiträge
TV-Klassiktipps

ARTE
7.7. – 11.45 Uhr
13.7. – 6.30 Uhr
Square: Patrice Chéreau.
Der Regisseur Patrice Chéreau im Gespräch mit Vincent Josse.

7.7. – 18.30 Uhr
19./25.7. – 5.10 Uhr
Simone Kermes bei den Schwetzinger Festspielen 2010.
Venice Baroque Orchestra, Luca Mares.
Werke von Vivaldi und Händel.

12.7. – 5.50 Uhr
16.7. – 5.05 Uhr
Von Stimmen und Steinen.
Dokumentation von Jacques Debs über...

Aufgewärmt

Benjamin Britten, genau hundert Jahre jünger als Verdi und Wagner, ist der wichtigste Bühnenkomponist der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Dennoch scheint er – zumindest im Vergleich zu den beiden anderen «Jahresregenten» – in diesem Jubiläumsjahr nicht gerade hektisch gefeiert zu werden. Bei den Neuveröffentlichungen von Britten-Opern auf DVD hält man sich...

Genau abgestimmt

Vor 24 Jahren kam Janáceks «Katja Kabanova» in Regensburg zuletzt heraus. Es war die erste Spielzeit von Marietheres List als Intendantin. Nun steht das Stück in der ersten Spielzeit ihres Nach-Nachfolgers Jens Neundorff von Enzberg wieder auf dem Spielplan. Brigitte Fassbaender inszeniert, die Ausstattung stammt von Dorit Lievenbrück. Die Regisseurin rückte die...