Gespenster, so nahe

Händels «Rodelinda» in Madrid: Ivor Bolton und Claus Guth erzählen ein Drama der Obsessionen

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Manchmal, meist unerwartet, passiert das. Die Welt hält inne. Hört nur noch nach innen, lauscht dem feinen Wispern der Seelen, das der Lärm draußen für gewöhnlich übertönt. Das fis-Moll-Duett «Io t’abbraccio» könnte ein solcher Moment sein. Kaum ein Stück Händels ist derart zerbrechlich wie dieses «Larghetto». So berührend schön in seinem Schmerz. Zwei Liebende sind darin vereint, für siebeneinhalb Minuten.

In auf- und niederwogenden, mal sich umkreisenden, mal ineinander verschlingenden Terzen besingen sie ihre Seligkeit – wohlwissend, dass diese, sobald sie aufhören zu singen, ein Ende hat. Lucy Crowe ist Rodelinda, die entthronte Königin, Bejun Mehta Bertarido, ihr heimlich heimgekehrter Gatte. Getrennt durch eine klaffende Lücke, stehen sie auf der ersten Etage des mediterranen Landhauses, das Christian Schmidt ihnen gebaut hat, einander gegenüber, den Abgrund zwischen sich, und singen ihr Les Adieux mit einer Intensität, die kaum auszuhalten ist, auch deshalb, weil Ivor Bolton und das Orquestra Titular del Teatro Real die Szene mit der größtmöglichen musikalischen Empfindungskraft füllen.

Musik selbst ist schon Theater. Ja. Aber nicht genug. Also erfindet Claus Guth in ...

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Opernwelt Mai 2017
Rubrik: Im Focus, Seite 4
von Jürgen Otten

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