Gelächter am Abgrund
Im Anfang ist, nein, nicht das Wort. Im Anfang ist die Musik. Eine zarte, sirenengleich aus dem Graben ansteigende, sich nach und nach intensivierende Melodie des Violon -cellos schwebt durch den Saal, bald begleitet vom sanften Schnarren des Schlagzeugs. Auf einer ständig hin und her flackernden Bildprojektion (Video: Jan Isaak Voges, Live-Kamera: Daniel Sorg) sieht man unterdessen, wie sich eine achtköpfige Menschenschar in einer Art Vorraum tummelt, aufgeregt tuschelnd und garstig gackernd wie ein Hühnerhaufen, nur weitaus eleganter gekleidet.
Vanessa Rust hat die vier Schauspielerinnen und vier Schauspieler sämtlich in schmucke Brautgewänder gesteckt und ihnen die Haare so hoch und so schrägschrill toupiert, dass man sich auf einer Hochzeitsparty voller Verrückter wähnt. Aber das stellte sich schon bald als gewaltiger Irrtum heraus.
Kein Wunder, das Stück, das im Deutschen Theater Berlin zu sehen und zu hören ist, heißt «Ursonate» und wurde von seinem Schöpfer in einem neunjährigen Ringen mit Lauten und Lautmalereien, Formen und Formlosigkeiten sowie mit Sinn und Nicht-Sinn zwischen 1923 und 1932 zu Papier gebracht, gleichsam als poetisch-politische Reflexion auf jene prekäre ...
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Opernwelt Februar 2024
Rubrik: Im Fokus, Seite 22
von Jürgen Otten
Vielbegabt
Sie war definitiv eine Frau mit vielen Talenten. Sie schrieb, sie malte, und eines Tages fasste sie den Entschluss, Komponistin zu werden. Als solche hat Louise-Angélique Bertin vier Opern hinterlassen. Die wohl bekannteste darunter, ihr «Fausto», wird nun am Theater Essen in einer Inszenierung von Tatjana Gürbaca gezeigt. Wir sind dabei
Experimentell
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Arme Königin. Liegt dort, ganz und gar zerstört nach der Abreise ihres Geliebten, auf der nackten Erde, und weiß sich nicht anders zu helfen, als ihr Schicksal zu beklagen, mit Tönen, die allerdings direkt aus dem Himmel zu kommen scheinen, so schmerzensreich schön klingen sie, wie von einem verwundeten Engel entsendet. Didos Klagearie «When I am laid in earth» aus...
Bereits 2018 hatte die Wiener Volksoper ein Buch herausgebracht: «Ihre Dienste werden nicht mehr benötigt». Die Autorin Marie-Theres Arnbom zeichnet darin das Schicksal all der, zumal jüdischen Künstler nach, die das Haus nach dem «Anschluss» Österreichs an das Deutsche Reich im Jahr 1938 verlassen mussten, festgemacht an der Operette, die auf dem Spielplan stand,...