Farbverliebt
Am Rande des Nervenzusammenbruchs und einen Schritt darüber hinaus – so wohl ließe sich die emotionale Ausgangslage in Cordula Däupers Inszenierung von Mozarts «La finta giardiniera» am besten charakterisieren. Den Auftakt bildet ein Treppensturz: Mit Karacho lässt die Regisseurin ihre Titelheldin aus der Vorgeschichte der Oper direkt im ersten Akt aufprallen.
Bei einem vergangenen Streit mit ihrem eifersüchtigen Verlobten Belfiore ist Violante auf der Schlosstreppe verunglückt; in einem raffinierten Zeitsprung landet sie nun höchst unsanft auf dem Boden des Treppenaufgangs im Hotel «Zur verliebten Gärtnerin», von wo aus die vorgebliche Hotelfloristin im Rollstuhl einen Rachefeldzug gegen ihren Ex-Geliebten startet. Das von Pascal Seibicke entworfene Hotelambiente mit mehrstöckiger Treppengalerie und vielen Zimmertüren bietet reichlich Möglichkeiten, um das boulevardeske Liebesverwirrspiel, in das sich vom Hotelpatron bis zum Zimmermädchen immer mehr Protagonisten verstricken, auf die Spitze zu treiben.
Um mehr Tempo zu gewinnen, sind Dialoge und Rezitative in Mainz ausnahmslos gestrichen, stattdessen führt der Schauspieler Orlando Klaus als Liftboy mit gewitztem Charme durch die ...
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Opernwelt August 2021
Rubrik: Panorama, Seite 47
von Silvia Adler
Die Pandemie hat dem Musiktheater auch einige positive Überraschungen beschert: Die Bayerische Staatsoper beispielsweise präsentierte einen instrumental von Eberhard Kloke stark abgerüsteten, delikat durchhörbaren «Rosenkavalier», an der Kammeroper Wien kam ein instrumental wie vokal verschlankter «Tristan» heraus, und auch die Deutsche Oper am Rhein servierte an...
«Fuck! This sucks. This sucks balls. This is shit. This is fucking shit!», ruft der Bariton beziehungsweise die Figur B zu Beginn – was man halt so lernt im Opernstudio der Bayerischen Staatsoper. Denn für dieses hat Miroslav Srnka gemeinsam mit dem Librettisten Tom Holloway eine Oper entwickelt, die bereits sein bereits drittes abendfüllendes Auftragswerk unter...
In ihrem gerade erschienen Band «Auch morgen. Politische Texte» geht die Schriftstellerin Nora Bossong der Verführung durch das Böse auf den Grund ‒ und führt den Joker aus den «Batman»-Filmen als Musterbeispiel für die psychopathisch grinsende Anarchie des Bösen an. Dagegen erscheint ihr Goethes Mephisto weit harmloser, eher ein Vertreter höfischer Diplomatie als...
