Expressiv zugespitzt
Mit seinem «Pierrot Lunaire» hat Schönberg der Musik des 20. Jahrhunderts ganz neue Ausdrucksbereiche eröffnet, zugleich aber mit der Erfindung einer «Sprechstimme» die Interpreten vor das Problem gestellt, weder zu rezitieren noch zu singen, sondern die Noten «unter guter Berücksichtigung der vorgezeichneten Tonhöhen in eine Sprechmelodie umzuwandeln». Schauspielerinnen wie Barbara Sukowa oder Salome Kammer neigten mehr zur Rezitation, Sängerinnen wie Anja Silja oder Christine Schäfer mehr zum deklamatorischen Gesang.
Wenn sich jetzt die Geigerin Patricia Kopatchinskaja, die auch im eigenen Metier vor keiner exzentrischen Grenzüberschreitung zurückschreckt, als Stimmkünstlerin an diese Aufgabe wagt, ist man irritiert und fragt sich, wie das gehen soll.
Sie tut dies als Musikerin und wischt damit erst einmal alle Zweifel beiseite. Sie hält sich aufs Genaueste an Schönbergs minutiöse Notation, trifft stets den Ton, treibt ihn dann aber mit virtuoser, melodramatisch affektierter, zugleich höchst theatralischer Rhetorik ins stilisierte Glissando zwischen Singen und Sprechen, dem sie eine Vielfalt an unkonventionellen Stimmfarben, Gesten und Nuancen abgewinnt. Dabei führt ...
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Opernwelt Juli 2021
Rubrik: Hören, Sehen, Lesen, Seite 36
von Uwe Schweikert
Ein Stimmwechsel sei auch bei einer Frau möglich, kalauerte einmal der österreichische Kabarettist Maxi Böhm – wenn sie nämlich dem Tenor den Laufpass gebe und sich dem Bariton zuwende ... Auf der Bühne läuft es indes meist umgekehrt; da fliegen die Herzen den Tenören zu, während die Baritone der Handlung das Gift von Eifersucht und Mordlust einträufeln. So richtig...
Herr Nitsch, es sind immer wieder Parallelen gezogen worden zwischen dem Werk Richard Wagners und Ihrer eigenen Aktionskunst: beispielsweise die Verschmelzung mehrere Kunstformen, die Mehrtägigkeit der Aufführungen wie beim «Ring», die Faszination für die griechische Tragödie, für Ritual und Mythos. Wie würden Sie selbst Ihr Verhältnis zu Wagner beschreiben?
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Am 9. Mai 2021 wäre sie 100 Jahre alt geworden. Doch Sophie Scholl erlebte nicht einmal ihren 22. Geburtstag. Wie ihr Bruder Hans, weitere Mitglieder der Widerstandsgruppe «Weiße Rose» und unzählige andere couragierte Gegner des nationalsozialistischen Terrorregimes geriet die kluge, aufgeklärte junge Frau in die Fänge der Gestapo; am 22. Februar 1943 wurden Sophie...