Entscheidend ist der Klang
Als Joan Sutherland 1969 in Hamburg als Cleopatra in Händels «Giulio Cesare» ihr lange erwartetes Deutschland-Debüt gab, charakterisierte Horst Koegler ihre Erscheinung in der «Stuttgarter Zeitung» folgendermaßen: «Von Gestalt eher eine Walküre ... mit einem etwas planen Gesicht und molligen Armen ... bewegt sie sich mit der Grazie einer leicht übergewichtigen Gazelle.»
Die Frau, die ich fast vierzig Jahre später am Rande des Königin Sonja Gesangswettbewerbs in Oslo zum Interview treffe, entspricht diesem Bild kaum noch.
Sie ist heute eine grazile alte Dame, noch gut auf den Beinen und hellwach im Kopf, die über eine ganz natürliche Aura verfügt und kein Aufhebens um ihre Person macht. Sie scheint nicht in der Vergangenheit zu leben, sondern bewusst im Hier und Heute – eine Frau, für die es auch ein Leben außerhalb der Bühne gibt. Im Gespräch ist sie offen und unkompliziert, gibt bereitwillig Auskunft über Details ihrer Karriere und beantwortet geduldig auch Fragen, die ihr möglicherweise schon hundertmal gestellt wurden. Dabei lässt sie jede Gelegenheit aus, sich ins rechte Licht zu rücken. Sie ist schließlich nicht als ehemalige Jahrhundert-Diva hier, sondern als fachkundige ...
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Das Kunstlied hat es schwer im heutigen Konzertbusiness: eine kleine, intime, garantiert eventfreie Form, die feine Ohren und Seelenverständnis auf beiden Seiten des Podiums voraussetzt. Die Komplexität des Liedes erschließt sich Hörern wie Künstlern erst mit beharrlicher Anstrengung. Nichts ist einfach, und doch soll alles natürlich wirken. Und: Manche Stimme,...
Das Spannendste an der neuen Wiesbadener «Tosca» ist das hochkonzentriert, klangschön und dicht musizierende Orchester, dem Chefdirigent Marc Piollet aufschlussreiche Partiturdetails entlockt. Neues Licht fällt auf ganze Szenen durch höhnisch glucksende Klarinetten hier, gefährlich drohende Cello-Soli dort, und das strenge Metrum der Schluss-Chaconne in der...
Die Komische Oper bemüht sich neuerdings auffällig, Kontinuität in der Tradition ihres Hauses herauszustellen. Während man auf Symposien über die Gemeinsamkeiten von Calixto Bieito und Walter Felsenstein diskutieren lässt und der Pausengast um Bronzetafeln zur Geschichte des Hauses und die Büste des Gründers nicht mehr herumkommt, inszeniert Andreas Homoki jene...