Entscheidend ist der Klang

Sie war – neben Maria Callas – die Belcanto-Queen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts: Joan Sutherland. ­Ekkehard Pluta traf eine hellwache alte Dame, die um ihre Person kein Aufhebens macht.

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Als Joan Sutherland 1969 in Hamburg als Cleopatra in Händels «Giulio Cesa­re» ihr lange erwartetes Deutschland-Debüt gab, charakterisierte Horst Koegler ihre Erscheinung in der «Stuttgarter Zeitung» folgendermaßen: «Von Gestalt eher eine Walküre ... mit einem etwas planen Gesicht und molligen Armen ... bewegt sie sich mit der Grazie einer leicht übergewichtigen Gazelle.»
Die Frau, die ich fast vierzig Jahre später am Rande des Königin Sonja Gesangswettbewerbs in Oslo zum Interview treffe, entspricht diesem Bild kaum noch.

Sie ist heute eine grazile alte Da­me, noch gut auf den Beinen und hellwach im Kopf, die über eine ganz natürliche Aura verfügt und kein Aufhebens um ihre Person macht. Sie scheint nicht in der Vergangenheit zu leben, sondern bewusst im Hier und Heute – eine Frau, für die es auch ein Leben außerhalb der Bühne gibt. Im Gespräch ist sie offen und unkompliziert, gibt bereitwillig Auskunft über Details ihrer Karriere und beantwortet geduldig auch Fragen, die ihr möglicherweise schon hundertmal gestellt wurden. Dabei lässt sie jede Gelegenheit aus, sich ins rechte Licht zu rücken. Sie ist schließlich nicht als ehemalige Jahrhundert-Diva hier, sondern als fachkundige ...

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Opernwelt November 2007
Rubrik: Im Gespräch, Seite 36
von Ekkehard Pluta

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