Eklektizismus nach dem Lustprinzip
Pierre Boulez bezeichnete einmal die Vertonung von Gedichten als «Lektüre mit Musik». Das war durchaus polemisch gemeint, und dahinter steckte eine Frage: Wen interessiert es überhaupt, wenn ein Komponist seine Klänge über einen Text gießt, der ohnedies vollendet ist und seine eigene Wort-Musik macht? Zwischen Kopie, Verfälschung und Innovation sind da viele «Lektüre-Ergebnisse» möglich; das Gleiche gilt für die Vertonung von Schauspielen. Sie gelingen meist dann, wenn sich die Musik selbst behauptet, wie bei Strauss’ «Salome» oder Bergs «Wozzeck».
Auch die Musik des als britisches Junggenie hoch gehandelten Thomas Adès kann sich behaupten, was angesichts des «Sturm» einiges heißt. Sie behauptet sich nicht gegen Shakespeare, sondern quasi neben ihm: Da, wo Adès sich wenig um eine Ikone schert, sondern frech seine Klangassoziationen ausspielt, bleibt das Stück im Gedächtnis. Dazu gehört das aberwitzig schwere Lamento des Ariel, das Adès der aberwitzig virtuosen Koloratursopranistin Cyndia Sieden in die Kehle geschrieben hat: ein quasi akkordischer Satz, choralartig in sich ruhend auf gläsernen Klängen, durchzuckt von riesigen Intervallsprüngen. Überhaupt sind Lamenti eine Stärke des ...
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In Heidelberg hat sich die neue Intendanz entschieden, in jeder Saison «die spannendste neue Oper des letzten Jahres» zu präsentieren. Den Anfang macht man nun mit «Berenice», uraufgeführt bei der Münchener Biennale 2004 (siehe OW 7/2004). Der junge österreichische Komponist Johannes Maria Staud und sein Librettist, der renommierte Lyriker Durs Grünbein, haben sich...
Sie ist die Strippenzieherin im Reiche Roms. Sie will den Kaiser ermorden lassen, weil der es zunächst ablehnt, sie zu heiraten. Vitellia ist eine Auftraggeberin für Killer, die die schmutzige Arbeit an ihren Geliebten Sesto delegiert und am Ende doppelt glücklich davonkommt, weil das Attentat gescheitert ist und sie ausgerechnet von ihrem Wunschopfer begnadigt...
Enrico Caruso war noch kein Star, als er die Rolle des Federico in Francesco Cileas «L’Arlesiana» übernahm. Die Uraufführung dieser Oper am 27. November 1897 im Mailänder Teatro Lirico, die nicht zuletzt dank seiner Leistung ein großer Erfolg wurde, darf als sein eigentlicher Durchbruch gelten. Die Arie «E la solita storia» zählt seither zu den absoluten...