Ein Meilenstein
Unter den vier großen französischen Opern Meyerbeers fristet die erste eine Existenz als armer Verwandter. Das Werk von 1831 erscheint nur noch selten auf der Bühne, bis heute wurde es nie im Studio eingespielt. Dieses Desinteresse hängt wohl wesentlich mit dem Mix aus komischen und tragischen Elementen zusammen. Die italienische Opera semiseria sollte um 1850 einen schleichenden Tod sterben, «Robert le diable» als ein französischer Ausläufer dieser Zwischengattung sitzt erst recht zwischen allen Stühlen.
Dabei macht dieser Mix den Reiz der überreichen, nicht nur melodisch mehr als verführerischen Partitur aus. Ganz zu schweigen von ihrer historischen Bedeutung, die selbst diejenige von Webers «Freischütz» in den Schatten stellt. Verdis «Macbeth» und «Traviata» wären ohne dieses epochale Werk ebenso wenig denkbar wie Gounods «Faust», Offenbachs «Contes d’Hoffmann» oder noch Paul Dukas’ symphonische Dichtung «Der Zauberlehrling».
Nach zehn Jahren intensiver Beschäftigung mit französischen Opern zwischen 1780 und 1920 und nicht weniger als 32 CD-Büchern schließt der Palazzetto Bru Zane eine schmerzliche Lücke mit einer Gesamtaufnahme: über dreieinhalb Stunden unglaubliche Musik, ...
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Opernwelt April 2023
Rubrik: CDs, DVDs und Bücher, Seite 33
von Anselm Gerhard
Selbstlob stinke nur dem Neider, soll Goethe gesagt haben. So nimmt man denn mit Schmunzeln zur Kenntnis, dass Claudia Behn Rezensionen zu ihrer Biografie über die Koloratursopranistin Rita Streich (1920–1987) gleich selbst verfasste: Dies wäre «ein wunderbares, interessantes und flüssig lesbares Buch, das sich auch als Weihnachtsgeschenk für Opernliebhaberinnen...
Leise rieselt der Schnee. Unablässig, dichter und dichter werdend, eine Stunde lang. Die Figuren müssen sich in dieser Winterlandschaft vorkommen wie der brave Hans Castorp aus Thomas Manns «Zauberberg», der sich bei einem Ausflug ins Gebirg’ zusehends verirrt und von den Schneemassen fast zugeschüttet wird. Eine Grenzerfahrung birgt auch Romeo Castelluccis...
Auch nach zweimaligen Lesen staunt man ungläubig: Die spielen das Stück tatsächlich dort. Im ehemaligen Augsburger Gaswerk, wo die Brecht-Bühne des Staatstheaters beheimatet ist. Normalerweise wäre das nicht weiter erwähnenswert, doch auf dem Spielplan steht «Das Tagebuch der Anne Frank». Und bevor das Kopfschütteln überhandnimmt, geht die Inszenierung von Nora...