Ein Leben für JSB

Zum Tod des langjährigen Thomaskantors Georg Christoph Biller

Besonders anmutig, fast erhaben klingt die Stellenbeschreibung im Lateinischen: «Cantor zu St. Thomae et Director Musices Lipsiensis». Aber auch ohne die phonetisch anspruchsvolle Aufhübschung zählt das Amt des Thomaskantors in Leipzig zu den prominentesten Jobs im Bereich der Kirchenmusik. Und das ist natürlich eng verbunden mit einem Namen: Johann Sebastian Bach. Von 1723 bis zu seinem Tod im Jahr 1750 bekleidete Bach die Stelle und füllte sie mit einer Musik, die «göttlich» zu nennen wohl kaum blasphemisch genannt werden darf.

Doch war JSB beileibe nicht der erste bedeutende Komponist, der sich der geistlichen Musik an St. Thomae widmete. Schon zuvor hatten kontrapunktische Größen wie Johann Hermann Schein oder Johann Kuhnau in Leipzig gewirkt, und auch eine schöpferische Natur wie Johann Adam Hiller nach Vater Bach wusste es durchaus mit Sinn (und Sinnlichkeit) zu erfüllen.

Als Georg Christoph Biller 1992 zum Thomaskantor ernannt wurde (er war der 16. nach Bach), sah er sich ganz anderen, vor allem politischen Wirren ausgesetzt. Zwar hatten seine Vorgänger mit allen Kräften versucht, die Würde des Amtes und der Institution zu sichern, doch die sogenannte «Wende» machte es eben ...

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Opernwelt März 2022
Rubrik: Magazin, Seite 75
von Jürgen Otten

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