Ein Glanz von innen und außen
Schon Tonart und Taktart verheißen viel Gutes. In lichtdurchflutetes G-Dur kleidet Händel die Arie seiner Titelheldin kurz vor Ende des zweiten Akts von «Rodelinda, Regina de’Longobardi» und wählt dazu einen sanft schaukelnden 12/8-Takt. Und so wiegt sie ihren Kopf hin und her, die Königin, und hofft, der Geliebte möge bald schon an ihrer Seite sein: «Ritorna, o caro». Für Lucy Crowe scheint dieses liebliche Andante wie geschaffen.
Anmutig, erhaben schwebt ihr heller, lyrischer und transparenter Sopran durch die lichten Höhen der Partie, klingt dabei immer etwas fragil (was zur Gemütslage Rodelindas über weite Strecken des Werks haargenau passt), zart, naturhaft, ursprünglich, kurz: wie ein intimer musikalischer Brief, der die intimsten Gefühle seiner «Verfasserin» offenlegt – als einen Glanz von innen.
Ohnehin zeichnet sich die Interpretation von The English Concert unter der Leitung von Harry Bicket durch jenes (typisch britische?) Understatement aus, das gerade für dieses Dramma per musica Händels so außerordentlich wohltuend ist. Da wird nicht künstlich ein Furor erzeugt, der nur vordergründige Affekte bedienen würde, da wird, in höchster Konzentration und mit stupendem ...
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Opernwelt August 2021
Rubrik: Hören, Sehen, Lesen, Seite 18
von Jürgen Otten
Stimmgewaltig
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