Editorial der Ausgabe August 2011

Wenn bei uns die Rede darauf kommt, werden plötzlich alle ganz still. Das, was derzeit in der Musikszene der Niederlande passiert, ist ein Super-Gau. Was er genau bedeutet, ist noch längst nicht für alle Betroffenen klar. Aber dass es sich um den schlimmsten anzunehmenden Fall handelt, steht außer Frage. Weniger ein Un-Fall als ein Un-Ding. Eine Zerstörung, wie sie niemand für möglich gehalten hätte. 20 Prozent weniger sollen die Künste aus den staatlichen Fördertöpfen erhalten, das sind 200 Millionen Euro. So will es die rechtskonservative Regierung.

Alle werden bluten, viele aufgeben müssen. Fast die Hälfte aller 13 Orchester dürfte abgewickelt werden. Akut gefährdet ist auch die Nationale Reisopera, die seit vielen Jahren mit attraktiven Produktionen über Land fährt: Ihre Zuschüsse sollen um 60 Prozent gekürzt werden.

Erschreckend ist nicht nur, wie damit ein Gemeinwesen mit seinen Denk- und
Entäußerungsformen verstümmelt wird. Erschreckend auch, wie Kultur dabei als «Dachmarke», Standortfaktor und Imagekampagne herhalten muss. Das Concertgebouworkest und das Nederlands Danstheater werden wohl weitgehend ungeschoren davonkommen, die Oper von Amsterdam auch. Das zeigt, was für ...

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Opernwelt August 2011
Rubrik: Editorial, Seite 1
von Stephan Mösch/Albrecht Thiemann

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